Klaustrophobie – Wenn Enge Angst macht

Herzrasen und Beklemmungsgefühle bei einer simplen Fahrt mit der U-Bahn, Schwindel und Übelkeit im überfüllten Einkaufszentrum und der bloße Gedanke, einen Aufzug zu betreten, sorgt für Schweißausbrüche – etwa sieben bis acht Prozent der Bevölkerung leiden an Klaustrophobie. Unter Raumangst – wie die Klaustrophobie umgangssprachlich bezeichnet wird – versteht man die konkrete Angst vor Aufenthalten in engen oder geschlossenen Räumen beziehungsweise Menschenansammlungen. Sie kann in unterschiedlicher Ausprägung auftreten und ist fast immer mit unangenehmen körperlichen Symptomen verbunden. Betroffene haben häufig mit großem Leidensdruck und erheblichen Einschränkungen im Alltag zu kämpfen. Dabei ist die Klaustrophobie – entsprechende psychotherapeutische Behandlung vorausgesetzt – gut behandelbar.

Was ist Klaustrophobie?

Unter Klaustrophobie (claustrum lat. für Schloss, Riegel oder Verschluss; phóbos griech. für Furcht) versteht man eine psychische Erkrankung, die Betroffene deutlich in ihrem Alltag einschränken kann. Sie zählt zu den Angststörungen, genauer gesagt zu den spezifischen Phobien – stark ausgeprägten konkreten Ängsten also. Eine andere Bezeichnung für Klaustrophobie ist Raumangst. Das trifft den Kern der Erkrankung gut, handelt es sich doch um die Angst vor Aufenthalten in engen oder geschlossenen Räumen beziehungsweise Menschenansammlungen.

Die angstauslösenden Situationen variieren. So können etwa die Nutzung eines Aufzugs, der Besuch eines Konzerts oder ein ganz normaler Kurzstreckenflug Betroffene in Panik versetzen. Doch auch die Fahrt mit der U-Bahn, der Einkauf im überfüllten Supermarkt oder eine MRT-Untersuchung werden mitunter zur Zerreißprobe.

Raumangst kann in ganz unterschiedlicher Ausprägung auftreten und ist keinesfalls statisch zu sehen. Während sie bei manchen Betroffenen kaum auffällt und gut in den Alltag integriert werden kann, verursacht sie bei anderen großen Leidensdruck und beeinträchtigt das Sozialleben immens. Nicht zuletzt ist das davon abhängig, welche konkreten Situationen die Ängste verursachen. Bei einer Klaustrophobie ist die auftretende Furcht in Bezug auf die jeweilige Situation unangemessen stark. Diverse – mehrheitlich körperliche – Symptome gehen damit einher. Diese können auch in eine Panikattacke münden. Klaustrophobiker erleben ihren Alltag häufig als erschwert. Nicht selten werden angstauslösende Situationen konsequent gemieden, was gravierende Auswirkung auf die soziale Teilhabe hat.

Zum Unterschied zwischen Klaustrophobie und Platzangst

Umgangssprachlich wird Klaustrophobie auch häufig als Platzangst bezeichnet, was so jedoch nicht stimmig ist. Platzangst – auch Agoraphobie – meint nämlich die Furcht vor weiten, offenen Plätzen, streng genommen also das Gegenteil. Zwar sind Überschneidungen zwischen Klaustro- und Agoraphobie möglich – gerade auch in der Symptomatik – dennoch müssen sie voneinander abgegrenzt werden.

Klaustrophobie: Ursachen und Risikofaktoren

Eine Klaustrophobie wird – so wie die meisten anderen psychischen Erkrankungen auch – wohl durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren ausgelöst. Nicht immer sind konkrete Ursachen erkennbar. Die Angst eingesperrt zu sein, ist zudem eine menschliche Urangst, die rasch existenziell bedrohlich wirkt. Es kann davon ausgegangen werden, dass Raumangst einerseits von Umweltfaktoren abhängt, andererseits durchaus auch eine genetische Disposition gegeben ist. Darüber hinaus wird Klaustrophobie mit einem erlernten Verhalten in Verbindung gebracht, wodurch eine psychotherapeutische Behandlung in der Regel gute Erfolge erzielt.

Nicht selten sind traumatische Erfahrungen in der Biografie Dreh- und Angelpunkt für die Entstehung einer Klaustrophobie. Diese müssen nicht zwingend erinnerbar sein. Im Gegenteil, manchmal lösen vermeintlich unspektakuläre Episoden (Steckenbleiben im Fahrstuhl oder beim Versteckspiel), die man längst vergessen geglaubt hat, eine Raumangst aus. Auch der Verlust naher Bezugspersonen, negative Erfahrungen im Sozialleben (z.B.: Mobbing) oder immenser Stress können zu solch einer spezifischen Phobie führen. Dabei muss kein direkter zeitlicher Zusammenhang bestehen. Symptome können durchaus auch stark verzögert zum eigentlichen Auslöser auftreten.

Klaustrophobie: Anzeichen

Klaustrophobiker reagieren auf scheinbar harmlose Situationen mit unverhältnismäßig heftiger Furcht. Dabei muss die Situation nicht zwingend tatsächlich stattfinden, die Vorstellung alleine genügt, um solch unangenehme Gefühle hervorzurufen. Meist gehen mit der Raumangst auch körperliche Symptome einher.

Typisch für die Klaustrophobie sind irrationale Ängste (zum Beispiel die Angst zu ersticken oder eingeschlossen zu sein), die ganz unterschiedlich ausgeprägt sein können. Ihre Intensität kann sich bis hin zur Todesangst steigern. Das Gefühl des Kontrollverlustes ist Klaustrophobikern ebenso vertraut wie ein gewisses Flucht- und Vermeidungsverhalten. Körperliche Symptome einer Raumangst erstrecken sich von Engegefühl in der Brust und Herzrasen über Schmerzzustände, Zittern, Schwindel und Schweißausbrüche bis hin zu Atemnot, Übelkeit und Erbrechen. Auch depressive Verstimmungen oder Symptome einer klinischen Depression können auftreten. Die Auswirkungen einer Klaustrophobie sind mitunter gravierend – von Rückzugstendenzen bis hin zur sozialen Isolation.

Klaustrophobie: Symptome im Überblick

  • irrationale Ängste (Angst zu ersticken; Angst eingeschlossen zu sein) unterschiedlicher Ausprägung (bis hin zur Todesangst)
  • Gefühl des Kontrollverlustes
  • Herzrasen
  • Engegefühl in der Brust
  • Schwindel und Schweißausbrüche
  • Zittern
  • Schmerzzustände
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Atemnot (bis hin zur Hyperventilation)
  • Fluchtverhalten/Vermeidungsverhalten
  • soziale Isolation
  • depressive Verstimmung/Depression

Raumangst kann massive Auswirkungen auf das Sozialleben haben

Eine Klaustrophobie ist, je nach Ausprägung, auch mit negativen Folgen für das Sozialleben verbunden. Die starke Furcht sorgt dafür, dass angstauslösende Situationen gemieden werden. Durch die fortwährende Vermeidung nimmt die Phobie allerdings immer mehr Raum ein und wird irgendwann schier übermächtig. Indem man die Konfrontation meidet, bleibt auch die Erfahrung aus, dass Ängste bewältigbar sind. Ein Teufelskreis setzt ein. Zudem ist die Stigmatisierung, die psychischen Erkrankungen nach wie vor anhaftet, nicht zu unterschätzen. Betroffene schämen sich ihrer Ängste und vertrauen sich niemandem an. Nicht selten sind soziale Isolation und Depression traurige Folge einer solchen Abwärtsspirale. Umso wichtiger ist es, sich ein Herz zu fassen und möglichst zeitnah professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Raumangst ist mit herkömmlichen psychotherapeutischen Maßnahmen nämlich sehr gut behandelbar.

Klaustrophobie: Diagnose

Nimmt man Anzeichen an sich wahr, die auf eine Klaustrophobie schließen lassen, ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Bei Bedarf kann dieser zum Facharzt (Psychiater) zuweisen. Um die Diagnose Raumangst sicher stellen zu können, müssen andere – vor allem körperliche – Ursachen für die Beschwerden ausgeschlossen werden. In der Regel werden dazu Blutbild und EKG angefertigt. Auch die Schilddrüse wird meist eingehend untersucht. Eventuell ist auch ein MRT des Gehirns notwendig. Mit speziellen Fragebögen kann die Symptomatik einer Raumangst gut abgeklärt werden. Andere psychische Erkrankungen – etwa eine Depression oder eine Panikstörung – müssen zudem von einer Klaustrophobie abgegrenzt werden.

Klaustrophobie behandeln

Ist die Klaustrophobie nur leicht ausgeprägt, kommen Betroffene häufig gut damit zurecht. Behandlungsnotwendigkeit ist aber immer dann gegeben, wenn der Leidensdruck hoch ist und es zu spürbaren Einschränkungen im Alltag kommt. Therapiert wird die Raumangst in der Regel verhaltenstherapeutisch. Hier greift der lerntheoretische Ansatz: Angst ist ein Verhalten, das erlernt werden kann. Irrationale Ängste lassen sich durch entsprechende Therapien gut umprogrammieren. Auf diese Weise können sie wieder neutralisiert werden. Sinnvolle Ansätze sind hier vor allem die systematische Desensibilisierung, das Expositionsverfahren (Konfrontationstherapie) sowie kognitive Verhaltenstherapie.

Bei der systematischen Desensibilisierung werden irrationale Ängste Stück für Stück abgebaut. Das geschieht in entspannter Atmosphäre und in einem individuellen Tempo, das der Betroffene vorgibt. Angstauslösende Situationen werden zunächst in der Theorie durchgespielt. Zu einem späteren Zeitpunkt wird auf diese Weise Erarbeitetes in der Praxis umgesetzt.

Demgegenüber sind Expositionsverfahren beziehungsweise die Konfrontationstherapie durch eine unmittelbare und gezielte Konfrontation mit der furchteinflößenden Situation gekennzeichnet. Dies kann – je nach Ausprägung der Ängste – auch schrittweise erfolgen. Das Um und Auf ist die unmittelbare Erfahrung, dass Ängste aushaltbar und bewältigbar sind. Phobische Zustände können so langfristig abgebaut werden.

Bei der kognitiven Verhaltenstherapie werden im therapeutischen Setting Denkmuster entlarvt, die die Ängste begünstigen. Schritt für Schritt werden diese aufgelöst. Das funktioniert als isolierter Ansatz, kann aber auch in Kombination mit der Konfrontationstherapie gute Erfolge erzielen.

Darüber hinaus kommen auch gerne Entspannungstechniken – etwa die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen – zum Einsatz. Dabei wird der angstauslösenden Situation rasch effektive Entspannung entgegengesetzt. Zusätzlich kann der Besuch einer Selbsthilfegruppe sinnvoll sein. Eine medikamentöse Therapie kommt eher untergeordnet zum Einsatz. Bei sehr starken Ängsten werden manchmal kurzzeitig Benzodiazepine verschrieben – durchaus auch als Bedarfsmedikation. Antidepressiva sind dann angezeigt, wenn die Klaustrophobie mit einer Depression einhergeht.

Klaustrophobie: Therapieansätze im Überblick

  • Systematische Desensibilisierung
  • Konfrontationstherapie
  • Kognitive Verhaltenstherapie
  • Außerdem: Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen; Selbsthilfegruppe; medikamentöse Therapie

Prognose bei Raumangst

Die Prognose einer Klaustrophobie ist durchaus gut. Je früher die Behandlung einsetzt, desto besser. Langfristig geht es nicht um „Heilung“ im engeren Sinne, sondern um einen entsprechenden Umgang mit auftretenden Ängsten. Raumangst ist selbst dann effektiv behandelbar, wenn zugrundeliegende Ursachen unbekannt sind. Durch verhaltenstherapeutische Ansätze können Abläufe im Gehirn so abgeändert werden, dass sich die bedrohlichen Symptome irrationaler Ängste stark abschwächen lassen oder – im besten Fall – ganz ausbleiben.