Rotavirus – Impfen schützt die Jüngsten

Mikroskopisch klein, trotzdem gemein: Diese Eigenschaft bringen viele Viren mit sich – auch Rotaviren. Sie sind vor allem für die Jüngsten unter uns gefährlich und können schwere Brechdurchfälle auslösen. Erfahren Sie im Folgenden mehr über Rotaviren und wie wir Kinder, insbesondere Säuglinge, vor Rotaviren schützen können.

Was sind Rotaviren?

Ihren Namen haben diese Viren vom lateinischen Wort „rota“ für „Rad“, weil sie unter dem Elektronenmikroskop optisch an ein Rad erinnern. Es gibt verschiedene Rotaviren, die unterschiedliche Spezies befallen können. Wissenschaftler teilen Rotaviren in „Serogruppen“ mit den Buchstaben von A bis J ein. Ansteckend für Menschen sind nur einige Rotaviren: die „Humanen Rotaviren“, um die es im Folgenden geht. Die meisten dieser Viren gehören dem Serogruppentyp A an. Auch Viren aus den Gruppen B und C können Menschen infizieren. Humane Rotaviren verursachen pro Jahr weltweit über 140 Millionen schwere Durchfallerkrankungen.

Wie werden Rotaviren übertragen?

Eine Infektion mit Rotaviren erfolgt auf fäkal-oralem Wege. Das bedeutet, Viren aus dem Stuhl gelangen in den Mund. Die Übertragung läuft dabei entweder von Mensch zu Mensch oder aber über mit Rotaviren kontaminierte Oberflächen. Klingt, als könne man die Erkrankung mit guter Hygiene leicht im Zaum halten? Leider nein. Verschiedene Faktoren erleichtern die Ansteckung mit Rotaviren:

  • bereits 10 Viren reichen für eine Infektion
  • Erkrankte scheiden enorm viele Rotaviren aus (bis zu 1010 pro Gramm Kot)
  • die Viren überleben Stunden auf der Haut
  • kontaminierte Oberflächen sind tagelang infektiös.

Eine Ansteckung erfolgt häufig, wenn Babys die Welt erkunden und sich Gegenstände in den Mund stecken. Neun von zehn Kindern haben bis zum Alter von fünf Jahren eine Infektion mit Rotaviren durchgemacht. Doch Personen, die einmal erkrankt waren, sind nicht vor Rotaviren geschützt: Da es unterschiedliche Rotaviren gibt, kommt es nach einer Ansteckung in der Regel erneut zu einer – allerdings milder verlaufenden – Erkrankung. In unseren Breiten finden die meisten Infektionen mit dem Rotavirus zwischen Februar bis einschließlich April statt. Infizierte sind rund acht Tage lang ansteckend. In manchen Ländern in Südamerika, Afrika und Asien kann die Infektion via Lebensmittel oder durch kontaminiertes Trinkwasser erfolgen.

Wie häufig sind Rotaviren-Infektionen?

Seit 2001 gehört eine mit Brechdurchfall einhergehende Rotaviren-Infektion zu den meldepflichtigen Erkrankungen. So ergibt sich bei einjährigen Kindern eine Inzidenz von 364 Fällen pro 100.000 im Jahr 2019. Insgesamt wurden dem RKI 2019 über 40.000 Fälle in Deutschland gemeldet. Allerdings ist die Dunkelziffer hoch. Denn insbesondere Erwachsene suchen aufgrund von einem milden Brechdurchfall selten einen Arzt auf. Weltweit erkranken jährlich weit über 100 Millionen Kinder an einer durch Rotaviren verursachten Gastroenteritis.

Was sind die Symptome einer Rotaviren-Infektion?

Rotaviren verursachen in erster Linie eine Entzündung des Magen-Darm-Trakts, eine Gastroenteritis. Die Symptome treten ein bis drei Tage nach dem Kontakt mit den Viren auf. Typische Symptome für eine durch Rotaviren ausgelöste Erkrankung sind:

  • Bauchschmerzen
  • Durchfall, manchmal blutig
  • schwallartiges, wässriges Erbrechen
  • möglich: Fieber, Halsschmerzen, Schnupfen.

Der Körper verliert durch den Durchfall wertvolle Elektrolyte und Mineralien. Das kann zu Schwächegefühl und Apathie führen. Die Beschwerden klingen nach zwei bis sechs Tagen wieder ab.

Die Erkrankung nimmt bei Kindern, vor allem bei Kleinkindern bis zu einem Alter von zwei Jahren, oft einen schweren Verlauf. Erwachsene hingegen erleben die Symptome einer Infektion mit Rotaviren meist nur in leichter Form. Eine Ausnahme bilden immunschwache Personen oder ältere Menschen, die durch andere Erkrankungen geschwächt sind oder sich in schlechter gesundheitlicher Verfassung befinden.

Warum sind Rotaviren gefährlich für Säuglinge und Kinder?

Wie alle Durchfall-Erkrankungen geht eine Infektion mit dem Rotavirus mit einem erhöhten Flüssigkeitsverlust einher. Säuglinge, aber auch chronisch kranke Menschen oder Senioren haben Schwierigkeiten, diesen zu kompensieren. Rund die Hälfte der jüngsten Betroffenen muss darum im Krankenhaus behandelt werden. Durch Rotaviren ausgelöste Todesfälle bei Säuglingen sind in Deutschland allerdings selten. Die Sterblichkeitsrate bei einer Infektion – ungeachtet der hohen Dunkelziffer – liegt bei 0,1 Prozent, also bei einem von 1.000 Säuglingen.

In anderen Ländern ist die Situation bedrohlicher: In Entwicklungsländern gehört eine Infektion mit dem Rotavirus im Säuglingsalter zu den häufigsten Ursachen für Sterblichkeit unter Säuglingen und Babys. Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit zwischen 350.000 bis 600.000 Kinder unter fünf Jahren jährlich an den Folgen einer Infektion sterben. Bei alten und geschwächten Personen können Rotaviren erheblich zur Verschlechterung des Allgemeinbefindens beitragen, so dass der Zustand lebensbedrohlich werden kann.

Wann zum Arzt bei Durchfall durch Rotaviren?

Es ist für Laien nicht möglich, eine Durchfall-Erkrankung einem bestimmten Virus zuzuordnen. Ohnehin gilt: Leidet ein Säugling oder Baby unter Brechdurchfall, sollten Sie unverzüglich Kontakt mit dem Kinderarzt aufnehmen. Dieser wird Sie intensiv zu den Symptomen befragen und den jungen Patienten abtasten sowie gründlich untersuchen. Eine Rotavirus-Infektion muss von anderen Infektionen abgegrenzt werden. Der Nachweis kann beispielsweise über eine Stuhlprobe erfolgen – das Virus ist unter dem Mikroskop sichtbar. Erwachsene mit infektiösen Durchfallerkrankungen sollten größten Wert auf Hygienemaßnahmen legen, um andere nicht anzustecken.

Rotaviren – welche Therapie hilft?

Kommt es einmal zu einer Infektion, kann diese nicht gezielt behandelt werden. Bei schweren Symptomen können bestimmte Mittel Erleichterung bringen. Zu diesen Symptomen zählen vor allem ein starker Flüssigkeitsverlust und dessen Folgen. Dann kommen intravenöse Flüssigkeitszugaben in Kombination mit Elektrolyten zum Einsatz. Unterstützend können Erwachsene fiebersenkende Medikamente mit Wirkstoffen wie Acetylsalicylsäure zu sich nehmen, die für Kinder jedoch tabu sind. Für sie eignen sich beispielsweise Paracetamol oder Ibuprofen in individueller Dosierung. Kinder sollten nur nach Rücksprache mit dem Kinderarzt Medikamente bekommen.

Prävention: Schluckimpfung schützt Kinder vor Rotaviren

Die beste Prävention hinsichtlich einer Rotavirus-Erkrankung ist eine Schluckimpfung, die seit 2013 erhältlich ist. Allerdings nur für Kinder – für Erwachsene ist kein Impfstoff gegen Rotaviren zugelassen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) definiert in Deutschland den Goldstandard rund um Impfungen. Geht es um Rotaviren, lautet ihre Empfehlung: Je früher, desto besser.

Rotaviren-Impfung für Säuglinge

Die STIKO empfiehlt eine erste Impfung gegen Rotaviren ab einem Alter von sechs Wochen. Die zweite und je nach Impfstoff erforderliche dritte Impfung erfolgen im Abstand von jeweils vier Wochen. Kommt der Impfstoff in zwei Dosen zum Einsatz, sollte die erste Impfung bis zur 16. Lebenswoche erfolgen. Die zweite Impfung muss bis zur 24. Lebenswoche abgeschlossen sein. Handelt es sich um den Drei-Dosen-Impfstoff, muss die dritte Impfung vor der 32. Lebenswoche erfolgen. Ihr Kinderarzt wird die Impfungen entsprechend terminieren. Gegebenenfalls wird der zuständige Arzt Sie darüber informieren, dass Sie kurz vor und nach der Schluckimpfung nicht stillen sollten. Denn es wird vermutet, dass Muttermilch den Wirkstoff abschwächt.

Frühgeborene sollten die Impfung bereits im Krankenhaus erhalten und anschließend dort überwacht werden. Denn für sie wäre einerseits eine Infektion mit Rotaviren sehr gefährlich. Andererseits können bei ihnen auch geringe Impfnebenwirkungen zu größeren Beschwerden führen. Eine Impfung im Krankenhaus ist für sie darum die sicherste Lösung. Für alle anderen gilt: Die Rotavirus-Impfung passt gut zwischen die drei Vorsorgeuntersuchungen U3, U4 und U5 und kann mit anderen Impfungen kombiniert werden.

Wie gut schützt die Impfung gegen Rotaviren?

Studien belegen, dass die Schluckimpfung den Brechdurchfall durch Rotaviren bei Kindern zu 80 Prozent verhindert. Kommt es trotzdem zu Symptomen, sind diese deutlich milder: Geimpfte erkranken an einer milderen Form der Gastroenteritis. Nur noch 10 Prozent der erkrankten Säuglinge mit Impfung müssen nach einer Infektion ins Krankenhaus.

Risiken und Nebenwirkungen der Impfung

Die modernen Impfungen gegen Rotaviren gehen mit sehr geringen Risiken einher. In der Kritik stand vor einigen Jahren das Risiko für eine Darmeinstülpung (Invagination) nach der Impfung. Dieses bleibt mit den aktuellen Impfstoffen jedoch niedrig: Ungeimpft bekommen rund 60 von 100.000 Kindern im ersten Lebensjahr eine Darmeinstülpung. Unter den geimpften erleiden ein bis zwei Kinder mehr von 100.000 eine Invagination. Mögliche Nebenwirkungen sind:

  • leichter Durchfall
  • Erbrechen
  • Fieber
  • Bauchschmerzen
  • Blähungen.

Je älter das Kind, desto größer ist das Risiko für Nebenwirkungen der Rotavirus-Impfung. Darum sollte die Impfung bis zum sechsten Lebensmonat erfolgen.

Wann sollte keine Impfung gegen Rotaviren erfolgen?

Nur in seltenen Fällen raten Ärzte von der Impfung bei Säuglingen ab. Hierzu gehören Immunschwächen oder Unverträglichkeiten gegenüber einem der Impfstoffe. Kontraindiziert ist die Impfung außerdem bei akuten Infekten sowie bei Darmeinstülpungen.

Erwachsene sind geschützt

Erwachsene können sich nicht gegen Rotaviren impfen lassen. Allerdings ist ihr Körper mehrfach mit Rotaviren in Kontakt gekommen. Wir erinnern uns: Im Alter von fünf Jahren haben bereits 90 Prozent der Kinder eine Infektion hinter sich und damit Antikörper gebildet. Auch später bilden sich immer wieder Antikörper, so dass Infektionen milder ausfallen. So haben die meisten Erwachsenen einen natürlichen Schutz gegen schwere Rotaviren-Infektionen. Erkranken Erwachsene an heftigem Brechdurchfall, stecken häufiger Noroviren dahinter.

Tipps bei einer Rotavirus-Infektion

Betroffene sollten viel trinken, aber auf fettige Getränke wie Milch verzichten. Ihr Kinderarzt wird Ihnen für Säuglinge relevante Informationen geben. Bei älteren Kindern und Erwachsenen sind empfehlenswerte Getränke:

  • Mineralwasser ohne Kohlensäure
  • Tee
  • stark verdünnte Fruchtsäfte.

Achten Sie noch mehr als sonst auf eine gründliche Hygiene. Neben ausgiebigem Händewaschen gehört bei Kindern dazu auch das Reinigen von Spielzeugen und Wickeltisch. Sprechen Sie Ihren Arzt oder Apotheker auf gegen Rotaviren wirksame Desinfektionsmittel an.

Rotaviren-Impfung zieht dem Virus die Zähne

Während Erwachsene sich im Laufe ihres Lebens ein Schutzschild gegen Rotaviren aufbauen können, sind insbesondere Säuglinge den Viren ausgeliefert. Darum ist die Schluckimpfung in den ersten Lebenswochen empfehlenswert. Sie bringt kaum Risiken mit sich, schützt allerdings vor einem schweren Verlauf der Durchfall-Erkrankung.