Beim Reizdarmsyndrom handelt es sich um eine Erkrankung des Verdauungstraktes. Betroffene leiden häufig unter Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung oder Blähungen.
Insbesondere auf die Ernährung müssen Reizdarm-Patienten Augenmerk legen. Die FODMAP-Diät kann Betroffenen dabei helfen, Beschwerden in den Griff zu bekommen und so langfristig Ihr Wohlbefinden zu steigern.
In folgenden Artikel möchten wir uns näher mit dem Reizdarmsyndrom – seinen Symptomen, Ursachen und Risikofaktoren – auseinandersetzen. Ausgehend von Therapiemöglichkeiten spannen wir den Bogen zur Low-FODMAP-Diät. Was sind FODMAPs eigentlich und inwiefern kann eine FODMAP-arme Ernährungsweise die Beschwerden bei einem Reizdarm lindern? Abschließend dürfen allgemeine Tipps für den Alltag nicht fehlen.
Was ist das Reizdarmsyndrom?
Unter dem Reizdarmsyndrom versteht man eine Erkrankung des Darms, konkret eine Funktionsstörung. Man kann davon ausgehen, dass aktuell etwa 10-15 % der Bevölkerung an einem Reizdarm leiden. Damit zählt das Reizdarmsyndrom zu den häufigsten Magen-Darm-Erkrankungen überhaupt. Zwar kann die Erkrankung in jedem Alter vorkommen, häufig tritt sie aber zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr erstmals auf. Dabei sind Frauen im Schnitt doppelt so oft betroffen wie Männer.
Den klassischen Reizdarm gibt es nicht. So variiert das Syndrom in Symptomatik und Ausprägung mitunter deutlich. Auch Ursachen und Risikofaktoren sind vielseitig. Gefährlich im engeren Sinne ist das Reizdarmsyndrom zwar nicht, kann aber die Lebensqualität massiv einschränken. Da die Symptomatik vielseitig und unspezifisch ist, müssen zur Diagnosestellung andere Ursachen wie etwa entzündliche Darmerkrankungen (z.B.: Morbus Crohn), Nahrungsmittelunverträglichkeiten, banale Infekte oder gynäkologische Beschwerden (z.B.: Eierstockentzündung) ausgeschlossen werden.
Der im deutschen Sprachraum für das Reizdarmsyndrom gebräuchliche Begriff Reizkolon (Colon irritable) ist übrigens irreführend. Er suggeriert, dass die Erkrankung nur auf den Dickdarm bezogen sei, was sich nach aktueller Forschungslage so nicht bestätigen lässt.
Wie macht sich ein Reizdarm bemerkbar?
Beim Reizdarmsyndrom ist die Darmfunktion gestört. Das äußert sich in ganz unterschiedlichen Symptomen, die in ihrer Intensität variieren und auch kombiniert auftreten können. Relativ klassisch sind Stuhlveränderungen, also Durchfälle oder Verstopfung, die zwar häufig auftreten, aber nicht zwingend vorhanden sein müssen. Dazu kommen Beschwerden wie Blähungen oder Bauchschmerzen.
Darüber hinaus kann ein Völlegefühl auftreten, auch dann, wenn keine nennenswerten Mengen an Nahrung zugeführt wurden. Bei manchen Betroffenen äußert sich der Reizdarm durch einen Blähbauch und schmerzhafte Stuhlgänge. Auch Schleimauflagerungen am Stuhl sind nicht selten. Mitunter tritt das Gefühl unvollständiger Darmentleerung auf. Unmittelbar nach dem Stuhlgang empfinden Betroffene außerdem häufig eine Besserung der Beschwerden.
Je nach Beschwerdebild lassen sich beim Reizdarmsyndrom unterschiedliche Typen unterscheiden. Überschneidungen beziehungsweise Mischtypen sind aber keine Seltenheit:
Durchfalltyp: Durchfall ist ein häufiges Symptom beim Reizdarmsyndrom. Die Konsistenz des Stuhls ist weich bis dünnflüssig. Bis zu dreimal am Tag oder häufiger tritt Stuhlgang auf. Der Stuhldrang wird mitunter als überfallsartig beschrieben, was entsprechenden Leidensdruck zur Folge hat.
Verstopfungstyp: Der Stuhl ist hart und verdichtet. Stuhlgang tritt lediglich dreimal oder seltener in der Woche auf.
Schmerztyp: Beim Reizdarmsyndrom treten Schmerzen unterschiedlicher Qualität und Intensität auf. Hauptgründe dafür sind die vermehrte Gasbildung einerseits (die Dehnung der Darmwand sorgt für schmerzhafte Kontraktionen), gereizte Schleimhaut andererseits. Der Schmerz tritt krampfartig auf, kann dumpf oder stechend bis brennend sein.
Blähungstyp: Es kommt zu vermehrter Gasbildung im Darm. In diesem Zusammenhang ist auch ein schmerzhafter Blähbauch keine Seltenheit.
Reizdarmsyndrom: Symptome im Überblick
- Veränderungen des Stuhlganges (Durchfall beziehungsweise Verstopfung)
- Stuhldrang
- Bauchschmerzen/Krämpfe
- Blähungen/Blähbauch
- Völlegefühl (auch unbegründet)
- Gefühl unvollständiger Darmentleerung
- Schmerzhafter Stuhlgang
- Schleimbeimengungen im Stuhl
- Verbesserung der Symptome unmittelbar nach dem Stuhlgang
Reizdarm: Ursachen und Risikofaktoren
Letztendliche Ursachen, die zu einem Reizdarm führen, konnten bisher wissenschaftlich nicht einwandfrei dargestellt werden. Aktuell geht man von einem multifaktoriellen Geschehen aus. Neben genetischen Komponenten gibt es verschiedene andere Ursachen und Risikofaktoren, die wahrscheinlich erscheinen:
- Gestörte Darmperistaltik: Darmbewegungen werden über ein eigenes Nervensystem gesteuert („Bauchhirn“). Kommt es hier zu fehlerhafter Übertragung, kann das entsprechende Symptome zur Folge haben.
- Gestörte Barrierefunktion: Ist die Barrierefunktion der Darmschleimhaut gestört, können Fremdstoffe passieren und es kommt zu einer Immunreaktion.
- Gestörte Darmflora
- Chronische Entzündungen der Magenschleimhaut
- Vorangegangener Magen-Darm-Infekt
- Störungen im Serotoninhaushalt (Darmperistaltik und Schmerzen werden stärker wahrgenommen)
- Stress (ist als Auslöser und Verstärker nicht zu unterschätzen)
- Ernährung (ihr kommt recht große Bedeutung zu, die Behandlung eines Reizdarmsyndroms setzt häufig bei Ernährungsgewohnheiten an)
Reizdarm-Behandlung: Was hilft gegen Reizdarmsyndrom?
Die Therapie des Reizdarmsyndroms fußt auf verschiedenen Säulen und gestaltet sich – je nach Symptomatik und Ausprägung – sehr individuell. Einerseits gilt es, verschiedene Auslöser zu minimieren, andererseits gibt es medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten. Ein besonderer Fokus beim Reizdarm liegt auf der Ernährung. So kann eine Ernährungsumstellung langfristig für Besserung sorgen. Hier kommt der FODMAP-Diät gesonderte Bedeutung zu.
Was sind FODMAPs?
In Bezug auf das Reizdarmsyndrom steht die FODMAP-Diät im Fokus. Es geht hier darum, FODMAP-reiche Lebensmittel in einer Weise zu reduzieren, die der individuellen Verträglichkeit Rechnung trägt. Ziel ist eine Besserung unangenehmer Symptome. Doch was sind FODMAPs nun eigentlich genau?
Die Abkürzung steht für fermentierte Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und (and) Polyole. Hierbei handelt es sich chemisch betrachtet um Zucker- und Alkoholverbindungen. Die mehrheitlich kurzkettigen Kohlenhydrate sind in vielen verschiedenen Lebensmittelgruppen vorhanden. Man kennt sie etwa als Fruktose, Laktose, Fruktane, Galactane oder Polyone.
Im Dünndarm passieren diese Stoffe die Darmwand nur langsam. Sie wandern in den Dickdarm weiter, wo sie folgend von Bakterien in einem Gärungsprozess verstoffwechselt werden. Dabei wird nicht nur Wasser freigesetzt, sondern diverse Gase (Methan, Kohlenstoffdioxid, Wasserstoff) ebenso. Bei Menschen mit Reizdarm kann ein übermäßiger Genuss FODMAP-reicher Lebensmittel Beschwerden verstärken, weshalb eine FODMAP-arme Ernährung durchaus sinnvoll sein kann, um Beschwerden zu minimieren.
Low-FODMAP-Diät bei Reizdarm
Bei entsprechenden Magen-Darm-Problemen beziehungsweise einer gesicherten Diagnose des Reizdarmsyndroms macht es Sinn, die Low-FODMAP-Diät auszuprobieren und zu beobachten, ob Beschwerden dadurch reduziert werden können. Wesentlich hierbei ist professionelle Unterstützung durch einen kompetenten Mediziner und/oder Ernährungsberater. Da FODMAPs nämlich in einer Fülle von Lebensmittel vorkommen, ist die Umstellung der Ernährung ein recht komplexes Unterfangen. Engmaschige Begleitung ist demnach wesentlich, um negative Auswirkungen auf die Darmschleimhaut oder aber eine Mangelernährung auszuschließen.
Low-FODMAP: Wie funktioniert die Reizdarm Diät?
Die Low-FODMAP-Diät stützt sich im Wesentlichen auf zwei Phasen:
Eliminations- beziehungsweise Restriktionsphase:
FODMAP-reiche Lebensmittel werden zugunsten FODMAP-armer Lebensmittel komplett gestrichen, um zu sehen, ob es zu einer Verbesserung der Beschwerden kommt. Diese Phase muss einerseits lange genug andauern, um Veränderungen ausmachen zu können, andererseits kurz genug bemessen sein, damit keine Mangelerscheinungen auftreten. Eine Dauer von etwa vier bis sechs Wochen ist empfehlenswert. In manchen Quellen ist von acht Wochen andauernder Eliminationsphase die Rede, was sehr lange erscheint.
Wiedereinführungs- beziehungsweise Reexpositionsphase:
Unter kompetenter Begleitung werden FODMAP-reiche Lebensmittel verschiedener Gruppen wieder eingeführt, um die individuelle Toleranz zu ermitteln. Ein Ernährungstagebuch kann hierbei ausgesprochen hilfreich sein. Erst wenn man weiß, was gut beziehungsweise schlecht vertragen wird, ist es möglich, die Ernährung dauerhaft anzupassen.
Das langfristige Ziel einer FODMAP-Diät ist also stets, zu einer individuellen Ernährungsweise zu gelangen, die gut vertragen wird, dabei aber abwechslungsreich und gesund ist. Auf diese Weise ist es möglich, Beschwerden aufgrund eines Reizdarms zu mindern und so die Lebensqualität erheblich zu steigern.
Was essen bei Reizdarm?
Es wird deutlich: Eine bauchfreundliche Ernährung ist eine ausgesprochen individuelle Sache. Unverträglichkeiten müssen im Rahmen der Diät erst eruiert werden. Da FODMAPs in vielen verschiedenen Lebensmitteln vorhanden sind, fällt die Umstellung vor allem anfangs schwer. Einen ersten Überblick über FODMAP-reiche beziehungsweise FODMAP-arme Lebensmittel finden Sie folgend.
FODMAP-reiche Lebensmittel
Obst/Gemüse/Hülsenfrüchte: Apfel, Birne, Kirsche, Pflaume, Mango, Pfirsich, Nektarine, Wassermelone, Soja, Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Linsen, Avocado, Spargel, Artischocken, Zwiebel, Blumenkohl, Pilze, Lauch, rote Beete, Zuckermais sowie entsprechende Obst- und Gemüsesäfte oder Saucen und Chutneys
Getreide: Weizen, Roggen, Gerste, Couscous, Bulgur (entsprechend Brot, Gebäck, Müsli, Nudeln,…)
Nüsse/Saaten: gängige Nüsse und Saaten über circa 15 Gramm (Cashew, Pistazien, Erdnüsse, Haselnüsse, Mandeln, Walnüsse, Kürbis- und Sonnenblumenkerne, Sesam,…)
Milchprodukte: laktosehaltige Milch und ihre Produkte (Milch, Buttermilch, Joghurt, Quark, laktosereicher Käse, Streichkäse, Hüttenkäse, Pudding, Süßspeisen und Gebäck, Eis,…)
Fleisch/Wurst/Fisch: stark verarbeitete, frittierte oder panierte Produkte
Süßungsmittel/Getränke: Honig, Maissirup, Agavensirup, Produkte mit Zuckeraustauschstoffen (Xylit, Sorbit,…), Limonaden, Obst-/Gemüsesäfte, Malzkaffee, Schwarztee (wenn er lange zieht), Kamillentee, Bier, süßer Wein, Liköre, Rum, Sherry,…
FODMAP-arme Lebensmittel
Obst/Gemüse/Hülsenfrüchte: Zitrone, Orange, Kiwi, Mandarine, Passionsfrucht, Honigmelone, Beeren, Banane (in Maßen), Zucchini, Aubergine, Tomaten, Paprika, Gurken, grüner Salat, Spinat, Karotten, Rüben, Kohlrabi, Radieschen, Ingwer, Fenchel, Kartoffeln, Pastinaken, Kürbis, Brokkoli, Stangenbohnen,…
Getreide: glutenfreie Produkte, Hirse, Hafer, Dinkel, Quinoa, Mais, Amaranth, Buchweizen, Haferflocken, Vollkorn-/Wildreis,…
Nüsse/Saaten: gängige Nüsse und Saaten in geringen Mengen bis circa 15 Gramm (Cashew, Pistazien, Erdnüsse, Haselnüsse, Mandeln, Walnüsse, Kürbis- und Sonnenblumenkerne, Sesam,…)
Milchprodukte: laktosefreie Milch und ihre Produkte, Butter, Hartkäse (ist in der Regel laktosearm),…
Fleisch/Wurst/Fisch: mageres und unverarbeitetes Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte (möglichst unverarbeitet, nicht frittiert oder paniert)
Süßungsmittel/Getränke: Haushaltszucker in geringen Mengen, Ahornsirup, Reissirup, Glucosesirup, Aspartam (Zuckeraustauschstoff), Mineralwasser, Karottensaft, Kambucha, Kaffee, grüner und weißer Tee sowie Schwarztee (wenn er kurz zieht), Pfefferminztee, trockene Weine,…
Bringt Low-FODMAP bei Reizdarm langfristig Erfolg?
Wenn auch noch keine statistisch signifikanten Ergebnisse vorliegen, weisen Studien darauf hin, dass die Low-FODMAP-Diät bei Reizdarmsyndrom gute Erfolge erzielt. So können Symptome nachhaltig reduziert werden, was die Lebensqualität Betroffener deutlich verbessert. Mit entsprechend fachlicher Unterstützung ist die Ernährungsumstellung relativ gut möglich. Eine FODMAP-arme Ernährung wird zudem recht gut vertragen und kann abwechslungsreich erfolgen.
Es muss jedoch darauf geachtet werden, die Darmflora ausreichend zu schützen. Low-FODMAP kann ihre mikrobielle Zusammensetzung nämlich durchaus verändern. Der Einsatz von Probiotika trägt dann dazu bei, das Mikrobiom divers zu halten.
Vorsicht ist bei Erkrankungen des Stoffwechsels wie etwa Diabetes geboten. Der Eingriff in den Zuckerhaushalt kann sich hier negativ auswirken. Das verdeutlicht die Notwendigkeit fachlicher Begleitung bei solch einer Ernährungsumstellung.
Reizdarmsyndrom: Tipps für den Alltag
Unabhängig von der Reduktion FODMAP-reicher Lebensmittel, können einige Maßnahmen im Alltag zusätzlich dazu beitragen, Beschwerden eines Reizdarmsyndroms zu lindern:
- Sich beim Essen ausreichend Zeit und Ruhe zu gönnen, ist sinnvoll. Wenn langsam gegessen und gut gekaut wird, wird nämlich automatisch weniger Luft geschluckt. Das wiederum reduziert vermehrte Gasbildung im Darm.
- Mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt können gemeinhin leichter verdaut werden.
- Zu viel Kaffee und Schwarztee ist kontraproduktiv, ebenso wie Alkohol oder kohlensäurehaltige Getränke.
- Es sollte genügend Flüssigkeit aufgenommen werden, um die Verdauung zu unterstützen (etwa zwei Liter pro Tag).
- Verdauungsfördernde Gewürze wie Anis, Kümmel, Fenchel, Ingwer oder Kurkuma dürfen ruhig regelmäßig zum Einsatz kommen.
- Gegen Ende des Tages sollte eher leicht Verdauliches auf dem Speiseplan stehen. Auf zu fette sowie stark gewürzte Speisen verzichtet man besser. Zudem wird Rohkost abends häufig schlecht vertragen.