Kreuzallergien – Allergene als lästige Doppelgänger

Warum vertragen viele Pollenallergiker keine Äpfel? Und welcher Zusammenhang kann zwischen einer Latex-Allergie und Bananen bestehen? Die Antwort lautet: Kreuzallergie. Erfahren Sie hier, was eine Kreuzallergie auslöst, welche Symptome auftreten können und wie sie zu behandeln ist.

Was ist eine Kreuzallergie?

Von Kreuzallergien sprechen wir, wenn eine Person unter einer Allergie leidet und zusätzlich allergisch auf ähnliche Allergene aus anderen Quellen reagiert. Der Mechanismus ist folgender: Ist unser Körper allergisch auf bestimmte Substanzen, bildet er hierauf Immunglobulin-Antikörper (IgE-Antikörper). Diese werden bei Kontakt mit dem Allergen ausgelöst und führen zu den berühmt-berüchtigten Symptomen von Allergien: Schnupfen, tränende Augen oder Juckreiz. Sind diese Antikörper einmal vorhanden, können sie auch auf Allergene mit ähnlichen Eigenschaften reagieren – der Körper zeigt eine Immunreaktion. Besonders häufig handelt es sich bei vermeintlichen Nahrungsmittelallergien um Kreuzallergien. Pollenallergiker zeigen dann beispielsweise nicht nur bei Pollen, sondern auch bei verschiedenen Nahrungsmitteln Symptome einer Allergie.

Warum reagiert das Immunsystem auf ähnliche Allergene?

Eine Überreaktion des Immunsystems – und dann noch auf den „falschen“ Auslöser: Eine Kreuzallergie gleicht einem doppelten Fehlalarm des Immunsystems. Die Ähnlichkeit der primären Allergene mit den Allergenen, die Kreuzallergien triggern, kann verschieden ausgeprägt sein. Einige weisen zufällig eine ähnliche Proteinstruktur auf. Andere sind miteinander verwandt, was zum Beispiel bei Erdnüssen und Hülsenfrüchten der Fall ist. In jedem Fall bieten die ähnlichen Allergene den Antikörpern, die für die primäre Allergie vorgesehen waren, die Möglichkeit zum „Andocken“ – und lösen damit allergische Reaktionen aus.

Wie häufig sind Kreuzallergien?

Weit über sechs Millionen Menschen in Deutschland sind von Pollenallergien betroffen. Schätzungen gehen davon aus, dass über die Hälfte der Pollenallergiker im Laufe ihres Lebens auch eine Kreuzallergie entwickelt. Damit kommt die pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie bei zwei bis vier Prozent der Bevölkerung vor – und zählt zu den häufigsten Lebensmittelallergien. Die wohl berühmteste Kreuzallergie ist die Kombination von Birkenpollen und Äpfeln: Fast 60 Prozent der Birkenpollenallergiker reagieren allergisch auf Äpfel. Auch die Kombination Beifuß/Sellerie ist oft vertreten.

Die bekanntesten Kreuzallergien

Welche Allergien führen zu Kreuzallergien? In der folgenden Übersicht finden Sie eine Auswahl an häufigen Kombinationen. Dabei wird deutlich: Meist – aber nicht immer – handelt es sich um Inhalationsallergien kombiniert mit Nahrungsmittelallergien:

Birken Äpfel, Birnen, Steinobst, Erdbeeren, Petersilie, Pfeffer, Hasel, Erle, Eiche, Rotbuche, Esche, Hainbuche, Mandeln, Karotten, Nüsse, Soja(milch)
Getreidepollen Getreidemehl in Nahrungsmitteln
Pappel Weide
Beifußpollen Sellerie, Paprika, rohe Karotten, Gewürze
Latex Bananen
Hausstauballergie Krustentiere
Federn  Eier, Geflügel

Umgekehrt zählen Obst, Gemüse – vor allem Sellerie – und Nüsse – vor allem Haselnüsse – zu den Nahrungsmitteln, die besonders häufig eine Kreuzallergie auslösen.

Symptome: Wie macht sich eine Kreuzallergie bemerkbar?

Wir haben festgehalten: Kreuzallergien treten vor allem in Form von Nahrungsmittelallergien auf. Darum zeigen sie sich anders als die meisten primären Allergien oft in Form eines „oralen Allergiesyndroms“ im Mundbereich. Da die Reaktion entweder Minuten oder maximal zwei Stunden nach der Nahrungsaufnahme stattfindet, können Betroffene den Auslöser in der Regel gut ausmachen.

Symptome einer Kreuzallergie in Form der pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie sind Schwellungen, ein pelziges Gefühl im Mund sowie Juckreiz im Mund- und Rachenraum. In seltenen Fällen kann es zu weiteren Symptomen kommen:

  • Magen-Darm-Trakt: Durchfall, Erbrechen
  • Haut: Rötungen, Quaddeln
  • Atemwege: Asthma, Atemnot
  • Kreislauf: Blutdruckabfall, Schock

Im Zusammenhang mit Atemnot und Kreislaufproblemen kann eine Nahrungsmittelallergie, die auf einer Kreuzallergie basiert, lebensbedrohlich sein.

Wie wird eine Kreuzallergie diagnostiziert?

Wer den Verdacht hat, unter einer Kreuzallergie zu leiden, sucht am besten einen Experten auf. Hierzu zählen vor allem Dermatologen, die die Zusatzbezeichnung Allergologie tragen. Diese Zusatzbezeichnung können auch Internisten, HNO-Ärzte und Lungenfachärzte haben. Mehrheitlich ist der Dermatologe der richtige Ansprechpartner. Auch gilt es, die pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie von primären Nahrungsmittelallergien zu unterscheiden. Ein Ernährungstagebuch kann bei der Diagnose helfen. Hier trägt der Patient in zwei Spalten mit Uhrzeit ein, welche Lebensmittel er wann gegessen hat und welche allergischen Reaktionen auftraten. Noch genauer wird die Aufzeichnung, wenn bei Verdacht auf eine pollenassoziierte Nahrungsmitteallergie der Pollenflug dokumentiert wird.

Neben einer gründlichen Anamnese können Hauttests die Diagnose unterstützen. Der Prick-Test kann in Kombination mit entsprechenden Symptomen zuverlässige Ergebnisse liefern. Hierbei wird das entsprechende Allergen mit einer winzigen Nadel in die Haut eingebracht. Pollenallergien kann der Arzt mit diesem Hauttest diagnostizieren. Die Diagnose „Kreuzallergie“ basiert dann auf den bekannten ähnlichen Allergenen und Symptomen. Eine Hauttestung mit Nahrungsmitteln ist ebenfalls möglich. So kann der Prick-Test auch bei Obst-, Gemüse- und Nussallergien zum Einsatz kommen. Bei der „oralen Provokation“ wird das Allergen oral aufgenommen. Diese Untersuchung kann offen oder in Form eines Placebo-Tests erfolgen. Auch Blutuntersuchungen können Rückschlüsse über mögliche Allergien erlauben. Liegen mehrere verschiedene primäre Allergien vor, was häufig der Fall ist, kann die Diagnose entsprechend aufwändiger sein.

Weitere Informationen zu Allergietests

Wie wird eine Kreuzallergie behandelt?

Am einfachsten vermeiden Betroffene die Symptome einer Kreuzallergie, indem sie auf die entsprechenden sekundären Allergene verzichten. Das funktioniert bei manchen Allergenen besser als bei anderen. Es gibt allerdings weitere Möglichkeiten, Kreuzallergien in den Griff zu bekommen.

Allergene meiden – oder anders zubereiten

Bei Kreuzallergien ist die einfachste Maßnahme, die auslösenden Allergene zu meiden. Anders als bei Pollen ist dies im Alltag leicht umzusetzen. Oft hilft es bereits, Lebensmittel anders zuzubereiten. Sind beispielsweise rohe Karotten Auslöser einer Kreuzallergie, vertragen viele Betroffene sie trotzdem in gekochter Form. Bei manchen Nahrungsmitteln können die Reaktionen variieren. So zum Beispiel bei Äpfeln je nach Sorte und Lagerung, denn der Allergengehalt ist unterschiedlich hoch. Hier ist vorsichtiges Ausprobieren angesagt.

Medikamente bei Kreuzallergien

Zum Bekämpfen der Symptome einer Kreuzallergie stehen die Medikamente zur Verfügung, die auch bei „normalen“ Allergien helfen. Dazu gehören in erster Linie Antihistaminika und Glukokortikoide, also das umgangssprachliche Kortison. Wer mit schweren Symptomen reagiert, sollte immer ein Notfallset mit sich führen. Es besteht zum Beispiel aus einem Adrenalin-Pen, einem Kortikosteroid sowie einem Antihistaminikum.

Kreuzallergie und Hyposensibilisierung

Ein Ansatz, um Allergien wirksam zu behandeln, ist die Hyposensibilisierung, auch „Desensibilisierung“. Dabei geht es allerdings in erster Linie um die primäre Allergie, zum Beispiel eine Allergie auf Birkenpollen. Bei einer Hyposensibilisierung verabreicht der Arzt dem Allergiker minimale Dosen des Allergens und steigert diese Dosis in definierten zeitlichen Abständen. Im Idealfall verschwindet hierdurch auch die Kreuzallergie.
Dies ist zum Beispiel bei rund 50 Prozent der Patienten mit einer birkenpollenassoziierten Nahrungsmittelallergie der Fall. Bei ihnen bessert sich im Rahmen der Hyposensibilisierung die Kreuzallergie über die Dauer der Immuntherapie hinaus. Die Pollenallergie in Kombination mit Reaktionen auf Nahrungsmittel ist diesbezüglich am besten untersucht. In allen anderen Fällen wägt der Allergologe sorgfältig ab, ob eine Hyposensibilisierung erfolgsversprechend ist.

Weitere Informationen zur Hyposensibilisierung

Sind Kreuzallergien saisonabhängig?

Diese Frage ist nicht allgemein zu beantworten. Manche Betroffene entwickeln lediglich im Frühjahr und Herbst Symptome einer Kreuzallergie – also dann, wenn die primäre Allergie ihnen bereits zusetzt. Andere Kreuzallergien sind ganzjährig.

Kreuzallergien vorbeugen – ist es möglich?

Es ist nicht möglich, gezielt einer Kreuzallergie vorzubeugen. Allerdings kann ein gesunder Lebensstil dabei helfen, Allergien insgesamt vorzubeugen. So wirkt sich ein gesunder Darm mit einem stabilen Mikrobiom positiv auf das Immunsystem aus. Eine vollwertige Ernährung und ausreichend Bewegung können das Risiko für Allergien – inklusive Kreuzallergien – reduzieren.
Hinsichtlich des Allergierisikos entscheidet sich bereits vieles im Säuglings- und Kinderalter. Der Verzehr von probiotischen Nahrungsmitteln der werdenden Mutter und Stillen über mindestens vier Monate können das Immunsystem des Kindes stärken. Auch der Kontakt mit natürlichen Erregern, beispielsweise beim Spielen im Garten ohne übertriebene Hygiene, kann hierzu beitragen.

Kreuzallergien – das Kreuz mit der Ähnlichkeit

Kreuzallergien sind keine Seltenheit, haben aber viele Gesichter. Denn verschiedene Kombinationen und Ausprägungen sind möglich, so dass die sich ähnelnden Allergene zu vielfältigen Beschwerden führen können. Ein erfahrener Allergologe stellt nicht nur die Diagnose, sondern hilft Betroffenen dabei, ihren Alltag mit Kreuzallergie beschwerdefrei zu leben.