Bereits in der Schwangerschaft beginnt für die Eltern eine spannende Zeit. Ist der Nachwuchs dann endlich da, sind frischgebackene Eltern meist rund um die Uhr um das Wohl des Kindes bemüht. Selbst kleine und auch völlig natürliche oder harmlose Veränderungen rund um das Baby können Anlass zu größter Sorge sein.
Entsteht auf der Haut des Kindes plötzlich ein roter Fleck, der schnell größer wird, so ist es nicht verwunderlich, dass viele Eltern schnell in Sorge verfallen.
Dabei sind Hämangiome, auch bekannt als Blutschwämmchen, gerade bei Neugeborenen und Babys keine Seltenheit.
Wie es zu den auffallenden Blutschwämmchen kommt, wann und wie Sie behandelt werden und welche Rolle Betablocker bei der Behandlung von Hämangiomen bei Säuglingen darstellen, erfahren Sie in unserem Beitrag.
Weit verbreitet: Häufigkeit von Hämangiomen
Bei einem infantilen Hämangiom handelt es sich um eine Hautveränderung, die bei Säuglingen in den ersten Lebensmonaten auftritt. Umgangssprachlich ist das Hämangiom wegen seiner roten Farbe auch als „Blutschwämmchen“ bekannt. Obwohl diese in der Regel harmlos sind, versetzen sie vielen frischgebackenen Eltern erst einmal einen kleinen Schreck. Wie die Bezeichnung „infantil“ bereits erahnen lässt, treten diese Hämangiome ausschließlich bei Kindern erstmals auf – genauer gesagt: bei Säuglingen. Jedes zehnte Neugeborene entwickelt im Laufe des ersten Lebensmonats ein Hämangiom. Bei den Frühgeborenen ist sogar fast jedes dritte Kind betroffen. Dabei entwickeln Mädchen dreimal häufiger Hämangiome als Jungen.
Ursachen für Hämangiome bei Babys
Wie es zu den auffallenden Hautveränderungen kommt, ist nicht eindeutig geklärt. Forscher vermuten, dass die Fehlbildungen aus einer Sauerstoffunterversorgung des Hautgewebes resultieren. Außerdem liegt meist eine familiäre Häufung vor.
Vermutlich sind sowohl genetische als auch äußere Faktoren und deren Zusammenspiel bei der Entstehung von Hämangiomen bedeutsam. Eine ärztliche Untersuchung beim Kinderarzt oder Dermatologen ist aber in jedem Fall anzuraten. So wird eine genaue Diagnose gestellt, andere Erkrankungen ausgeschlossen und eine entsprechende Behandlung, sofern erforderlich, eingeleitet.
Formen und Farben bei Hämangiomen
Das erste Zeichen für ein Hämangiom ist ein kleiner roter oder bläulich-roter Punkt auf der Haut. Dieser ist bereits bei der Geburt vorhanden oder zeigt sich innerhalb des ersten Lebensmonats. In seinem Zentrum befindet sich ein erweitertes Blutgefäß.
Hämangiome erscheinen in unterschiedlichen Formen und Farben: Sie können hellrot oder bläulich-rot, glatt oder erhaben sein. Man unterscheidet bei Kindern vor allem zwei Hämangiom-Arten: Das kapillare infantile Hämangiom – auch: „Erdbeerfleck“ – und das kavernöse infantile Hämangiom.
Kapillare infantile Hämangiome
Kapillare infantile Hämangiome treten am häufigsten auf und bestehen aus kleinen Haargefäßen. Sie sind intensiv rot und bilden elastische, harte Knoten, die direkt unter der Hautoberfläche liegen.
Kavernöse infantile Hämangiome
Im Gegensatz zu kapillaren infantilen Hämangiomen sind kavernöse infantile Hämangiome weicher und liegen tiefer. Sie setzen sich aus unregelmäßigen, mit Blut gefüllten Hohlräumen, den „Kavernen“, zusammen. Diese Hautveränderungen sind weniger farbintensiv und schimmern oft bläulich.
Die Größe der meisten Blutschwämmchen bleibt auf wenige Millimeter bis hin zu zwei Quadratzentimetern begrenzt. Bei manchen Kindern können sie allerdings deutlich größer werden und auf bis zu zehn Quadratzentimeter wachsen.
Die drei Phasen eines Hämangioms
Typischerweise durchlaufen Blutschwämmchen drei Phasen:
Wachstumsphase: Das Hämangiom wächst vom Zeitpunkt seines Entstehens bis der Säugling circa sechs Monate alt ist. Die Wachstumsphase dauert also fünf bis sechs Monate.
Stillstandphase: Das Hämangiom wächst nicht mehr weiter, es „ruht“ – diese Phase kann mehrere Wochen andauern.
Regressionsphase: Nun bildet der Blutschwamm sich über mehrere Monate hinweg zurück. Dabei wird er blasser und schrumpft. Es kann mehrere Jahre in Anspruch nehmen, bis die Rückbildung abgeschlossen ist.
Diagnose vom Experten
Ein Kinderarzt oder Dermatologe erkennt Hämangiome auf den ersten Blick. Der Besuch beim Experten ist auch darum wichtig, weil dieser Blutschwämmchen vom ebenfalls harmlosen „Storchenbiss“, aber auch von ernsthaften Hauterkrankungen sicher unterscheiden kann. In manchen Fällen wird er zusätzliche Untersuchungen durch Spezialisten veranlassen. Hierzu kann eine Ultraschallaufnahme gehören.
Ist ein Hämangiom bei Neugeborenen und Babys gefährlich?
Wenn bei Ihrem jüngsten Familienmitglied ein Blutschwämmchen diagnostiziert wurde, ist dies zunächst kein Grund zur Besorgnis: Die meisten Hämangiome sind vollkommen ungefährlich, viele erfordern keine Therapie.
Einen Sonderfall stellen die seltenen segmentierten, also an verschiedenen Körperpartien auftretenden, Hämangiome dar: Da sie rasch wachsen und teils andere Organe beeinträchtigen können, ist eine zeitnahe Therapie immer anzuraten.
Hämangiom, Storchenbiss oder Feuermal?
Neben dem Hämangiom gibt es allerdings noch weitere Hautveränderungen, die dem Blutschwämmchen gerade in den Anfangsstadien sehr ähneln können. Dazu gehört zum einen der sogenannte Storchenbiss und das Feuermal (Naevus flammeus). Die Abklärung beim behandelnden Kinderarzt oder Dermatologen bringt allerdings schnell Gewissheit.
Storchenbiss
Als Storchenbiss versteht man einen roten Hautfleck, der besonders häufig am Hinterkopf, aber auch an der Stirn oder den Augenlidern des Neugeborenen auftritt. Daher rührt auch der umgangssprachliche Name der Hautveränderung: Es sieht so aus als hätte der Storch das Kind mit dem Schnabel dort gehalten. Ein weiteres Merkmal: der Storchenbiss wächst nicht weiter, sondern behält seine ursprüngliche Größe.
Verantwortlich für den Storchenbiss sind erweiterte Blutgefäße. Ganz typisch für ihn ist deshalb nicht nur seine Lokalisation – ist das Kind aufgeregt oder schreit, so intensiviert sich die Rotfärbung durch die steigende Durchblutung.
In den allermeisten Fällen verschwindet der Storchenbiss bereits vor dem ersten Geburtstag von ganz alleine und benötigt keine Behandlung. Dennoch sollte die Hautveränderung regelmäßig im Rahmen der üblichen Untersuchungen näher betrachtet werden.
Feuermal (Naevus flammeus)
Ein Feuermal, auch Naevus flammeus genannt, ist ein dunkelroter Fleck, der an jeder Körperstelle auftreten kann. Tritt das Feuermal erstmals in Erscheinung, bleibt zunächst abzuwarten, ob und wie sich die Hautveränderung entwickelt. So lässt sich das Feuermal auch gut von einem Hämangiom unterscheiden.
Anders als das Hämangiom, das sehr schnell wächst, wird ein Feuermal nur sehr langsam größer.
Auch wenn das Feuermal harmlos ist, so kann eine Behandlung aber durchaus sinnvoll sein. Das ist vor allem bei einem auffälligen Fleck, beispielsweise im Gesicht, der Fall. Denn über die Jahre kann das Feuermal sehr viel größer werden und bei Betroffenen einen Leidensdruck hervorrufen. Es ist deshalb empfehlenswert ein Feuermal bei Bedarf besonders früh zu entfernen, um umfangreiche Behandlungen zu einem späteren Zeitpunkt zu vermeiden. Ist das Feuermal sehr klein, so reicht meist eine Laserbehandlung aus, um das Feuermal vollständig zu beseitigen.
Ob es sich nun um einen Storchenbiss, ein Hämangiom oder um ein Feuermal handelt, kann ein Dermatologe oder Kinderarzt in der Regel per Blickdiagnose erkennen. Manchmal ist es dann erforderlich zunächst abzuwarten, um zu sehen, ob und wie sich die Hautveränderung entwickeln. Dementsprechend kann eine Behandlung dann sinnvoll sein oder darauf verzichtet werden.
Behandlung von Blutschwämmen bei Babys
Die gute Nachricht: Mehr als 70 Prozent aller Hämangiome, die im Säuglingsalter auftreten, verschwinden bis zum Alter von sieben Jahren von selbst. In einigen Fällen wird Ihr Arzt zur Therapie raten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Hautveränderungen an Augen, Ohren, Nase sowie im Mundbereich auftreten oder besonders rasch wachsen. Eine Therapie sollte immer eingeleitet werden, wenn kosmetische Beeinträchtigungen durch weiteres Wachstum des Hämangioms zu befürchten sind. Blutschwämmchen an Armen und Beinen erfordern nur sehr selten ein Eingreifen, da sie kaum optische Beeinträchtigungen oder sonstige Komplikationen nach sich ziehen.
Während früher vor allem Medikamente mit Kortison (Kortikosteroide) für die Therapie problematischer Hämangiome zur Verfügung standen, ist heute Propranolol das Mittel der Wahl.
Propranolol zur Blutschwämmchen-Behandlung
Propranolol gehört zu den Betablockern, ist also vielen als Mittel gegen Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen ein Begriff.
Darum mag es manche Eltern irritieren, wenn ihr Arzt zur Behandlung des Blutschwämmchens mit Propranolol rät. Doch der Einsatz des Medikaments hat sich über viele Jahre bewährt. Wie Propranolol das Wachstum hemmt, ist nicht eindeutig geklärt. Vermutet wird, dass es die Durchblutung des Hämangioms beeinträchtigt.
Seit 2014 ist Propranolol in Deutschland für die Blutschwämmchen-Behandlung von Säuglingen zugelassen.
Eine Studie, bei denen Komplikationen durch das Wachsen des Hämangioms zu befürchten waren, hat ergeben, dass Propranolol in kosmetischer Hinsicht massive Verbesserungen bringt: In 60 Prozent der Fälle ging das Hämangiom so weit zurück, dass es nicht mehr sichtbar war – im Vergleich dazu war dies bei der Vergleichsgruppe mit einem Placebo bei maximal 30 Prozent der Kinder der Fall.
Propranolol in Tablettenform
Da es sich bei dem Betablocker um ein Medikament handelt, das die Herzfunktion beeinflussen kann, erfolgt vor der Behandlung eine gründliche Untersuchung mittels EKG und Echokardiographie. Sobald eine Herzerkrankung ausgeschlossen wurde, kann Propranolol unter ärztlicher Kontrolle verabreicht werden. Bei herzgesunden Kindern sind keinerlei relevante Nebenwirkungen einer oralen Therapie bekannt. Meist erfolgt die Gabe dreimal täglich. Die Behandlung mit Propranolol dauert im Durchschnitt sechs Monate. Es kommt vor, dass das Blutschwämmchen nach Absetzen des Medikaments erneut auftritt – in diesen Fällen empfiehlt sich, die Einnahme individuell zu verlängern.
Propranolol als Salbe
Seit 2012 wird Propranolol zudem äußerlich angewendet und erzielte beispielsweise in der Heidelberger Universitätsklinik bei 75 Prozent der kleinen Patienten einen Wachstumsstopp eines Blutschwämmchens. Die Klinik empfiehlt die äußerliche Anwendung vor allem bei flachen Hämangiomen. Sollte das Hämangiom nicht auf die äußerliche Behandlung ansprechen, kann unkompliziert ein Wechsel zur oralen Therapie erfolgen.
Alternative Behandlungsmethoden von Hämangiomen
Je nach Größe und Lage kann alternativ eine Laser- oder Kryotherapie in Frage kommen, um das Blutschwämmchen möglichst rasch zu stoppen beziehungsweise zu entfernen. Bei der Kryotherapie vereist der Arzt das Hämangiom mit flüssigem Stickstoff. Allerdings dringen beide Methoden nur wenige Millimeter tief in die Haut ein. Meist kommen Laser- und Kryotherapie darum nur bei flachen Hämangiomen zum Einsatz. Die Behandlung erfolgt in mehreren Sitzungen. Ihr Arzt wird Ihnen den individuell für Ihr Baby am besten geeigneten Therapieansatz vorschlagen.
Prognose: Hämangiome erfordern Geduld
Wenn Sie die Diagnose „Hämangiom“ für Ihren Nachwuchs erhalten, ist dies kein Grund zur Besorgnis! Die meisten Blutschwämmchen verheilen, ohne Spuren zu hinterlassen. Bei einigen Kindern bleiben Narben, Pigmentstörungen oder partiell dünnere Haut zurück. Doch auch diese Hautveränderungen lassen sich heutzutage meist unkompliziert mittels Laser oder kleinem operativem Eingriff beheben.
Das Risiko für Komplikationen steigt mit der Größe des Blutschwämmchens an.
Eine zeitnahe Behandlung, sollte diese erforderlich sein, ist also in jedem Fall zu empfehlen. So können Sie Ihrem Kind auch später vor Hänseleien oder dauerhaften kosmetischen Einschränkungen bewahren. Das ist vor allem bei Hämangiomen im Gesicht oder im Bereich der Haare der Fall.
Vorbeugend stehen dem behandelnden Arzt auf jede Hämangiom-Art zugeschnittene Behandlungsmethoden zur Verfügung. Allesamt sind sie erfolgversprechend und fast immer frei von Nebenwirkungen. Spätestens im Grundschulalter sind Hämangiome in den allermeisten Fällen Geschichte.