„Hormonersatztherapie – ist das nicht gefährlich? Und unnatürlich obendrein!“ Vielen Menschen gehen solche oder ähnliche Gedanken durch den Kopf, wenn sie an hormonelles Anti-Aging denken. Doch diese Vorurteile sind unbegründet und es lohnt sich, das Thema weiterzuverfolgen – denn rund um hormonelles Anti-Aging hat sich in den letzten Jahren viel getan!
Wann und für wen macht eine Hormonersatztherapie Sinn? Wie hoch sind die Risiken und Nebenwirkungen, die mit hormonellem Anti-Aging einhergehen?
Vorweg sei gesagt: Dank individuellen Therapieplänen und bioidentischen Hormonen können moderne Therapien mit dem Altern verbundene Gesundheitsrisiken senken und zu einem echten Benefit für Körper und Geist werden. So kann hormonelles Anti-Aging Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Der übliche Begriff für die zugeführten Hormone lautet „Hormonersatztherapie“. Oder kurz: „HRT“ von der englischen Bezeichnung „Hormone Replacement Therapy“.
Hormonersatztherapie – was ist das?
Auch wenn viele Menschen beim Thema „älter werden“ die Stirn runzeln – Altern ist ein Privileg. Natürlich möchten wir möglichst fit und gesund in die Jahre kommen und dabei vital aussehen. Aber mit zunehmendem Alter führt unter anderem eine veränderte Hormonlage dazu, dass wir uns müder fühlen, die Haut erschlafft, das Haar dünner wird. Hier kommen Hormonersatztherapien ins Spiel. Denn hormonelles Anti-Aging nutzt Wirkstoffe, die entstandene „Hormon-Lücken“ schließen. So bilden beispielsweise Frauen im Verlauf der Wechseljahre weniger Östrogen und Progesteron, weil die Eierstöcke ihre Funktion einstellen. Mit von außen zugeführten Hormonen kommt der Körper wieder ins – gewohnte – Gleichgewicht. Dabei ist hormonelles Anti-Aging keine Dauerlösung, sondern soll auf dem Weg zu einer neuen Balance begleiten.
Kontroversen rund um Hormonersatztherapien
Vor 30 bis 20 Jahren waren Hormonersatztherapien bei Frauen in den Wechseljahren sehr beliebt. Sie sollten nicht nur die typischen Beschwerden des Wechsels lindern, sondern auch dabei helfen, die Figur in Form und die Haut straffer zu halten. Das böse Erwachen kam für viele im Jahr 2002. Damals zeigte eine große Studie mit 16.000 Teilnehmerinnen, dass Hormonersatztherapien das Risiko für Brustkrebs und die Gefahr für einen Schlaganfall erhöhten. Es kam zu einem regelrechten Einbruch bei den verkauften Wirkstoffen um rund 80 Prozent. Doch diese „Women’s Health“-Studie wurde seither kritisch hinterfragt – und das aus guten Gründen.
Denn das Durchschnittsalter der Probandinnen lag mit 63 Jahren höher als das der eigentlichen Zielgruppe von hormonellem Anti-Aging, Frauen in den 50ern. Zudem waren viele Probandinnen bereits vor Studienstart übergewichtig oder litten unter gesundheitlichen Einschränkungen wie Diabetes. All dies führte zu Ergebnissen, die das tatsächliche Einsatzgebiet von hormonellem Anti-Aging nicht abbilden.
Richtig ist: Der Einfluss, den zugeführte Hormone auf den Körper haben, kann in bestimmten Konstellationen negativ sein. Dies gilt beispielsweise für Wachstumshormone, die eine Zeitlang einen Hype in der Anti-Aging-Szene erlebten: Sie können Krebserkrankungen begünstigen. Bei Männern stehen künstlich zugeführte Hormone, vor allem Testosteron, im Verdacht, das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte zu erhöhen.
Doch wer Hormone auf den jeweiligen Körper abgestimmt und nach einem individuellen Therapieplan verwendet, kann damit viel Gutes bewirken. Eine besondere Rolle spielen dabei natürliche Hormonersatztherapien. Denn mit bioidentischen Hormonen lassen sich heute größere Erfolge mit weniger Nebenwirkungen erzielen.
Hormonelles Anti-Aging? Aber natürlich!
Experten nutzen heute vermehrt bioidentische (auch: „naturidentische“) statt biochemischer Wirkstoffe in Hormonpräparaten. Zum Einsatz kommen also Stoffe aus der Natur, die von Laboren aufbereitet werden. Zum Beispiel aus Pflanzen gewonnene Wirkstoffe, deren molekulare Struktur identisch mit der entsprechenden Hormon-Struktur in unserem Körper ist – sie wirken „passgenau“ an den Hormonrezeptoren. Dadurch unterscheiden sie sich von synthetischen Hormonen und wirken „natürlicher“. Denn sie können an den gleichen Rezeptoren andocken, ohne die körpereigene Hormonproduktion negativ zu beeinflussen.
Den Unterschied zu „klassischen“ Wirkstoffen sehen wir am Beispiel von synthetischem Progesteron (Gestagen), das auf die Gebärmutterschleimhaut wirkt. Es verhindert genau wie bioidentisches oder körpereigenes Progesteron eine zu starke Menstruationsblutung und kann Gebärmutterkrebs vorbeugen. Im Unterschied zu natürlichem Progesteron kann es die Schleimhaut jedoch nicht für die Einnistung eines Embryos optimieren.
Naturidentische Hormone sind zudem besser verträglich. Ein bewährter Wirkstoff ist beispielsweise Diosgenin, das aus der medizinischen Yamswurzel gewonnen wird. Es ist identisch mit der molekularen Struktur von Progesteron (Gelbkörperhormon). Aus Sojabohnen stammen naturidentische Östrogene wie Estriol.
Östrogen und Progesteron zählen zu den beliebtesten Wirkstoffen im hormonellen Anti-Aging. Während viele davon ausgehen, dass mangelndes Östrogen hinter den Beschwerden rund um die Wechseljahre steckt, ist meist ein Abfall des Progesterons für diese Symptome verantwortlich. Östrogen eignet sich vor allem für Frauen ab 50+, die die Wechseljahre hinter sich haben. Auch bei Frauen, die keine Gebärmutter haben, ist eine Östrogen-Ersatztherapie notwendig.
Das bringt hormonelles Anti-Aging
Hitzewallungen, Gelenkschmerzen, Unwohlsein: Bei Frauen können die Wechseljahre mit einigen Unannehmlichkeiten einhergehen. Wer den sinkenden Hormonspiegel mit von außen zugeführten bioidentischen Hormonen ausgleicht, bringt den Körper wieder in Balance. Wechseljahr-Beschwerden werden somit abgemildert.
Zeitgleich kann das Gewebe durch ein Plus an gespeichertem Wasser glatter, frischer und jugendlicher aussehen. Eine besondere Rolle rund um ein ästhetisches Aussehen nimmt hierbei das Hormon Östrogen ein, das auf die Hautzellen wirkt und die Neubildung von Kollagen unterstützt. Dies wiederum hält die Haut elastisch und regt die Produktion von Lipiden an, die die Haut natürlich pflegen. Sinkt der Östrogenspiegel der Frau, wird die Haut trockener und enthält weniger Kollagen. In Folge wird sie schlaffer und faltiger.
Eine individuell abgestimmte Therapie vorausgesetzt sinkt beim Einsatz bioidentischer Hormone das Risiko für Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Osteoporose und bestimmte Tumore.
Hormonelles Anti-Aging – reine Frauensache?
Auch wenn Männer nicht in die typischen Wechseljahre kommen, verändert sich die Hormonlage bei einigen – jedoch nicht allen – mit der Zeit. Der Testosteron- und DHEA-Spiegel sinkt. In der Folge kann es zu Müdigkeit, Potenz- und Fruchtbarkeitsstörungen, Haarausfall und einem Plus an Fettpölsterchen kommen. Die Stimmung kann leiden. Naturidentische Hormone können helfen. Übrigens: Auch Männer brauchen Östrogen – haben sie zu wenig, kann es zu vermehrtem Schwitzen und Potenzstörungen kommen. Das Risiko für Arteriosklerose steigt.
Hormonelles Anti-Aging aus ästhetischen Gründen kommt bei Männern seltener zum Einsatz. Dies liegt unter anderem daran, dass östrogenhaltige Cremes, die bei Frauen zu einem strafferen Hautbild führen, bei Männern um einiges schwächer wirken.
So funktioniert hormonelles Anti-Aging
Hormonelles Anti-Aging funktioniert am besten, wenn der Körper noch in Wohlfühl-Balance ist. Darum ist es ratsam, bereits bei ersten Beschwerden einen Arzt aufzusuchen. Bei Frauen können Anfang 40 erste Symptome der Wechseljahre eintreten. Dazu gehören unter anderem:
- die Periode wird stärker und tritt mit Krämpfen auf
- Migräne
- Gewichtszunahme
- Stimmungsschwankungen
- Haarausfall
- Gelenkschmerzen
- Müdigkeit
Welcher Arzt ist der richtige Ansprechpartner?
Je nach Beschwerdebild sind Hausarzt oder Gynäkologe beziehungsweise Androloge/Urologe der erste Ansprechpartner. Bei Bedarf können diese Sie an einen Endokrinologen überweisen. Frauen, die vor allem von den ästhetischen Vorteilen des hormonellen Anti-Agings profitieren möchten, wenden sich an einen Dermatologen.
Vor dem Start: ausführlicher Gesundheitscheck
Wer hormonelles Anti-Aging nutzen möchte, sollten den Körper passgenau unterstützen, um das auszugleichen, was fehlt. Das funktioniert nur mit Kenntnissen über den aktuellen Status quo. Denn moderne Hormonersatztherapien sind individuell auf die Bedürfnisse und Beschwerden der jeweiligen Männer und Frauen angepasst. Hierfür bietet sich ein Hormon-Check via Blutabnahme an, um zu erfahren, welche Hormone der Körper in welchem Umfang bildet.
Hautnah mit optimaler Wirkung
Einen Schwerpunkt des modernen hormonellen Anti-Aging bildet die transdermale Therapie. Hierbei werden zum Beispiel bioidentische Wirkstoffe in Form von Salben oder Cremes auf die Haut – oft auf die Innenseite der Oberarme – aufgetragen. Ein großer Vorteil ist, dass sie somit die Leber und den Magen-Darm-Trakt umgehen. Die Dosierung ist im Vergleich zur oralen Einnahme niedriger. Die Anwendung erfolgt dabei nach einem mit dem Arzt vereinbarten Schema inklusive mehrtägiger Pause, damit sich die Hormonrezeptoren regenerieren.
Manche Präparate eignen sich direkt zum Auftragen auf die betroffenen Bereiche. Es gibt Estriol-Salben, die eine trockene Scheide wieder in Balance bringen können. Außerdem sind bioidentische Wirkstoffe in Zäpfchen oder Kapseln erhältlich, die in die Scheide einzuführen sind.
Bei Männern mit anlagebedingtem Haarausfall kann eine Östradiollösung auf den betroffenen Partien helfen. Oral eingenommen kann Finasterid vor weiterem Haarausfall schützen – kein Hormon, sondern ein Enzym, das aus Testosteron stammendes Dihydrotestosteron blockiert. So kann es den erblich bedingten Haarausfall beim Mann abschwächen und verzögern.
Wer aus ästhetischen Gründen hormonelles Anti-Aging wünscht, erhält vom Hautarzt Rezepte für Individualrezepturen oder fertige Salben. Cremes oder Salben mit Östrogen können Falten mildern und die Haut elastischer machen. Der beste Start-Zeitpunkt ist mit dem Einsetzen der Wechseljahre – hierbei lassen sich die größten Erfolge aus ästhetischer Sicht verzeichnen.
Keine Risiken und Nebenwirkungen?
Auch moderne Hormonersatztherapien können Nebenwirkungen mit sich bringen – allerdings weitaus weniger, als viele vermuten. Hormonelle Wirkstoffe zum Auftragen auf die Haut oder vom Hautarzt verschriebene hormonelle Anti-Aging-Cremes bergen kaum Risiken, wenn sie nach Anweisung aufgetragen werden. Denn sie führen nicht zu einer Erhöhung des Östrogenspiegels im Blut. Für Pigmentflecken anfällige Patientinnen können bei mehr als zweimal täglichem Auftragen zu Hyperpigmentierung neigen.
Moderne Studien belegen, dass das Brustkrebsrisiko im Rahmen einer abgestimmten Hormonersatztherapie nicht erhöht ist. Doch auch moderne bioidentische Wirkstoffe greifen in den Hormonhaushalt ein – nicht ohne Grund sind die entsprechenden Medikamente verschreibungspflichtig. Kontraindiziert ist hormonelles Anti-Aging darum bei einigen Erkrankungen. So beispielsweise bei hormonabhängigen Tumoren wie bei Brustkrebs-Patientinnen. Da die Hormone das Thromboserisiko erhöhen können, sollten sie nicht bei Personen zum Einsatz kommen, die in der Vergangenheit Thrombose oder Embolien hatten oder rauchen. Unter hormonellem Anti-Aging tritt bei zirka 2 von 1.000 Frauen eine Thrombose auf.
Die Hormone können außerdem das Wachstum von vorhandenen Zysten, Myomen oder Endometriose begünstigen. Bei bestehenden Herz-Kreislauf- oder Lebererkrankungen sind insbesondere orale Hormonersatztherapien nur nach sorgfältiger Abwägung der Risiken zu starten. Die Risiken erhöhen sich mit zunehmendem Alter.
Dauer der Hormonersatztherapie
Hormonelles Anti-Aging ist in den meisten Fällen keine Dauerlösung, sondern macht es leichter, den Körper ausgeglichen durch die Menopause zu führen. Experten empfehlen im Durchschnitt eine 5-jährige Therapie mit bioidentischen Hormonen. Nach dieser Zeit können die Risiken für Nebenwirkungen oder unerwünschte Folgen wieder steigen. Der Arzt ist der beste Ansprechpartner rund um die individuelle Behandlungsdauer. Eine Hormonersatztherapie sollten Sie nie abrupt beenden, sondern Sie nach Rücksprache mit dem Arzt sanft und kontrolliert ausschleichen.
Tipp: Phytohormone für sanftes Anti-Aging
Wenn wir von Hormonersatztherapie sprechen, meinen wir verschreibungspflichtige Wirkstoffe, die großen Einfluss auf den Körper haben können. Bei geringen Beschwerden können freiverkäufliche Phytohormone zum Einsatz kommen. Dies gilt auch in jungen Jahren, beispielsweise für Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch aufgrund von hormonellen Dysbalancen. Auch wenn Phytohormone rein pflanzlich sind, sollten Sie sie nur nach Rücksprache mit einem Arzt einnehmen. Denn ist der aktuelle Status quo nicht bekannt, können Phytohormone komplett wirkungslos oder sogar kontraindiziert sein. Isoflavone sind pflanzliche Östrogene. Sie sind in Nahrungsergänzungsmitteln aus Soja oder Rotklee erhältlich. Traubensilberkerze kann den Estradiolspiegel in Balance bringen. Besonders beliebt und bekannt ist Mönchspfeffer – es ähnelt körpereigenem Progesteron und kann bei Kinderwunsch sanft unterstützen.
Weitere Informationen zu Phytohormonen
Comeback von hormonellem Anti-Aging
Hormonersatztherapien sind heute viel besser als ihr Ruf. Dank individueller Therapien und bioidentischen Wirkstoffen können wir von natürlichem Anti-Aging mit Hormonen profitieren. Unter ärztlicher Betreuung sind die Risiken mehr als überschaubar, doch der Nutzen kann insbesondere für Betroffene mit großen Beschwerden immens sein. Hormonelles Anti-Aging hat daher aus gutem Grund ein Comeback verdient.