Dass die vermeintliche „Kinderkrankheit“ Masern gefährlich sein kann, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Doch auch Keuchhusten zählt zu den Erkrankungen, die insbesondere für die Jüngsten unter uns lebensbedrohlich werden können. Keuchhusten tritt mittlerweile rund 25mal häufiger auf als Masern. Informieren Sie sich hier rund um die Infektionskrankheit und erfahren Sie, warum Impfschutz gegen Keuchhusten in jedem Alter wichtig ist.
Was ist Keuchhusten?
Bei Keuchhusten handelt es sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit der Atemwege. Experten nennen Keuchhusten „Pertussis“, was übersetzt aus dem Lateinischen „starker Husten“ bedeutet. Anders als bei Masern oder der zu trauriger Berühmtheit gekommenen Covid-19-Erkrankung, die ebenfalls mit starkem Husten einhergehen kann, erfolgt die Infektion bei Keuchhusten über Bakterien. Meist ist das Bakterium Bordetella pertussis Verursacher. Seltener handelt es sich um durch Bordetella parapertussis ausgelöste Infektionen. Keuchhusten gehört zu den laut Infektionsschutzgesetz in Deutschland meldepflichtigen Krankheiten.
Wie erfolgt die Ansteckung bei Keuchhusten?
Bei Pertussis handelt es sich um eine Tröpfcheninfektion. Entsprechend stecken wir uns meist durch die Luft – durch Sprechen, Husten oder Niesen – an. Auch bei der Benutzung desselben Geschirrs können die Bakterien übertragen werden. Eine Ansteckung mit Keuchhusten ist das ganze Jahr über möglich, doch die Pertussis-Hochsaison liegt in den kalten Wintermonaten.
Bordetella pertussis gilt als hochansteckend, was bedeutet: Rund 80 bis 90 Prozent der ungeimpften Personen, die mit den Bakterien in Kontakt kommen, erkranken. Betroffene sind für einen Zeitraum von rund fünf bis sechs Wochen ansteckend für andere. Nehmen sie allerdings ein Antibiotikum, infizieren sie ab dem sechsten Tag der Einnahme keine anderen Menschen mehr.
Keuchhusten verläuft in drei Stadien
Keuchhusten heißt im Volksmund auch „100-Tage-Husten“ – diesen Beinamen trägt die Erkrankung leider häufig zu Recht. Auf die Infektion erfolgt eine ein- bis zweiwöchige Inkubationszeit. Anschließend verläuft der Keuchhusten in folgenden Stadien:
Stadium catarrhale: Der Keuchhusten äußert sich durch typische Erkältungssymptome wie Schnupfen, leichtes Fieber und trockener Reizhusten. So kann er einer leichten Grippe ähneln. Experten bezeichnen dieses erste Stadium, das ein bis zwei Wochen dauert, als „Stadium catarrhale“ oder „Prodromalstadium“.
Stadium convulsivum: In diesem zweiten Stadium macht der Keuchhusten seinem Namen alle Ehre. Betroffene leiden unter Hustenattacken. Typisch hierfür sind vor allem bei Kindern eine ausgestreckte Zunge während des Hustens und ein juchzendes Einatmen oder Japsen, was Experten als „Reprise“ bezeichnen. Auch glasiger Schleim kann bei den Hustenanfällen auftreten. Die starken, stoßhaften Hustenanfälle können schmerzhaft sein und sogar Erbrechen provozieren. Besonders häufig husten Betroffene nach körperlicher Anstrengung sowie nach längerem Liegen, also nachts. Wie lange das Stadium convulsivum – auch: „Anfallphase“ – dauert, ist sehr unterschiedlich. Der Zeitraum kann von zwei bis sechs Wochen variieren.
Stadium decrementi: Die letzte Phase der Erkrankung steht für abnehmende und weniger schwere Hustenanfälle. Dieses Stadium kann bis zu zehn Wochen andauern. Unter Gabe von Antibiotika verkürzt sich das Stadium decrementi in der Regel auf drei bis sechs Wochen.
Achtung: Bei Kindern, die jünger als ein halbes Jahr sind, zeigt Keuchhusten sich oft in Form von plötzlichen Atemstillständen. Eine Keuchhusten-Infektion kann für Säuglinge lebensgefährlich sein. Darüber hinaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass Fälle von Plötzlichem Kindstod (SIDS) auf unentdeckte Pertussis-Infektionen zurückzuführen sind, da die typischen Symptome bei Säuglingen oftmals ausbleiben. In den meisten Fällen muss eine Pertussis-Infektion bei Säuglingen im Krankenhaus behandelt werden. Umso wichtiger ist es, dass Kontaktpersonen zu Säuglingen immunisiert sind.
Keuchhusten erkennen: Symptome
Trotz der typischen drei Stadien kann Keuchhusten sich unterschiedlich zeigen. Bei Erwachsenen verläuft eine Pertussis-Infektion häufig atypisch, also ohne die charakteristischen Hustenanfälle. Symptome bei Jugendlichen und Erwachsenen sind:
- unproduktiver Husten, aber ohne das charakteristische „Japsen“
- Hustenanfälle mit Atemnot
- Appetitlosigkeit
- Übelkeit
- Würgereiz bis hin zum Erbrechen
Verdacht auf Keuchhusten – Wann zum Arzt?
Wer länger als eine Woche unter einem starken Husten leidet, sollte einen Hausarzt, beziehungsweise wenn es sich um betroffene Kinder handelt, einen Kinderarzt aufsuchen. Ein Viertel der Erwachsenen mit länger als zwei Wochen andauerndem Husten hat Keuchhusten. Säuglinge sollten bereits bei ersten Erkältungssymptomen unverzüglich dem Kinderarzt vorgestellt werden. Auch wenn es im näheren Umkreis zu Keuchhusten gekommen ist und man selbst erste Symptome zeigt, sollte ein Hausarzt konsultiert werden. Dies schützt nicht nur die Betroffenen, sondern hilft, Ansteckungen zu vermeiden.
Keuchhusten-Diagnose
Im Rahmen einer allgemeinen Untersuchung kann der Arzt bei vielen Betroffenen anhand des typischen Hustens auf eine Keuchhusten-Infektion schließen. Bei Keuchhusten ist jedoch die Labordiagnostik entscheidend. Mittels tiefem Nasenabstrich kann der Experte die Bakterien in den ersten zwei oder drei Wochen nach Hustenbeginn nachweisen. Blutuntersuchungen können die Diagnose insbesondere im späteren Stadium ergänzen. Hier lassen sich vermehrte weiße Blutkörperchen, die auf eine Infektion hindeuten, feststellen. Antikörper gegen Keuchhusten sind zu Beginn des zweiten Stadiums der Erkrankung nachweisbar – allerdings auch bis zu einem Jahr nach einer Impfung gegen Keuchhusten.
Komplikationen bei Keuchhusten
Schätzungen gehen davon aus, dass es während einer Keuchhusten-Infektion bei rund 40 Prozent der erwachsenen Betroffenen über 60 Jahren zu Komplikationen kommt. Die häufigste Komplikation ist hierbei eine Lungenentzündung: Jeder zehnte der Erkrankten ist davon betroffen. Aufgrund des geschwächten Immunsystems haben andere Erreger leichtes Spiel, so dass sich auch Mittelohr- oder Nasennebenhöhlenentzündungen dazugesellen können.
Weil der Husten einen großen Druck auf den Körper ausübt, kann es zum Platzen von kleinen Blutgefäßen und damit zu Nasenbluten kommen.
Ein schwerer Husten bei Kleinkindern und bei geschwächten Erwachsenen kann sogar zu Leisten- und Rippenbrüchen führen.
Warum ist Keuchhusten besonders für Babys gefährlich?
Keuchhusten ist bei Säuglingen die häufigste durch eine Infektion bedingte Todesursache. Zehn Prozent der von Keuchhusten betroffenen Kinder machen einen schweren Verlauf durch. Unter heftigen Hustenanfällen kann es bei den Jüngsten von ihnen zu teils lebensbedrohlicher Atemnot kommen. Besonders gefährlich ist Pertussis für Kinder, die jünger als sechs Monate sind. Bei ihnen kommt es häufig zu einem Atemstillstand, wobei der charakteristische Husten im Vorfeld fehlen kann. Neben Lungen- und Mittelohrentzündung gibt es eine weitere gefährliche Komplikation, die häufiger Kinder betrifft: die Keuchhusten-Enzephalopathie. Sie betrifft rund 5 Prozent der aufgrund von Keuchhusten stationär behandelten Säuglinge. Hierbei handelt es sich um eine Entzündung des Gehirns, die zu Krämpfen und Ohnmachten führen kann. Mögliche Spätfolgen sind Lähmungen, Seh- und Hörstörungen sowie eine beeinträchtigte geistige Entwicklung. Auch bei einem leichteren Verlauf kann Asthma zu den möglichen Spätfolgen eines Keuchhustens im Kindesalter zählen.
Therapie: Wie lässt sich Keuchhusten behandeln?
Das Mittel der Wahl bei Keuchhusten ist ein Antibiotikum. In der Regel kommen Makrolid-Antibiotika mit Wirkstoffen wie Azithromycin, Clarithromycin und Erythromycin zum Einsatz. Antibiotika können den Verlauf mildern und die Erkrankungsdauer verkürzen. Sie senken zudem die Ansteckungsgefahr: Betroffene sind ab Einnahme nur noch fünf Tage ansteckend. Aufhalten können sie die Infektion beim Betroffenen selbst jedoch nicht.
Um die Symptome weiter zu mildern, kann der Arzt ein entzündungshemmendes, kortisonhaltiges Mittel, ein Kortikosteroid, verschreiben. Eine Alternative besteht in entkrampfenden Medikamenten, die sich bei der Therapie von Asthma bewährt haben.
Säuglinge mit Keuchhusten werden in der Regel stationär aufgenommen. Ihr Körper ist nicht in der Lage, den zähen Schleim zuverlässig abzuhusten. Im Krankenhaus können Experten rechtzeitig intervenieren, um den Schleim regelmäßig absaugen und Atemstillstände zu vermeiden.
Tipps bei Keuchhusten
Bei Keuchhusten sind Antibiotika angeraten. Dennoch dauert die Erkrankung mehrere Wochen. Mit folgenden Tipps können Sie sich oder Ihrem Kind den Alltag mit Keuchhusten erleichtern:
- viel trinken
- kleine, breiige Mahlzeiten über den Tag verteilt essen
- gemütliche Spaziergänge im Freien
- auf körperliche Anstrengungen verzichten
- Hausmittel: Inhalation mit Meersalz, warme Brustwickel mit Zitronensaft
- bei einem Hustenanfall: aufrecht, leicht vornübergebeugt sitzen.
Keuchhusten-Prävention: Impfen schützt
Da Keuchhusten meldepflichtig ist, konnten wir im Zuge der Corona-Pandemie gut beobachten, dass die Anzahl der Keuchhusten-Fälle stark zurückging: Wurden 2019 noch über 10.000 Fälle in Deutschland gemeldet, waren es im Jahr 2020 nur noch rund 3.400 Fälle. 2021 setzt dieser Trend sich weiter fort. Ursächlich hierfür sind die strengen Kontaktbeschränkungen und Hygieneregeln. Langfristig gesehen gilt jedoch: Der einzige wirksame Schutz gegen Keuchhusten ist die Impfung. Bereits seit 1933 gibt es eine wirksame Impfung gegen Pertussis. Heute kommt ein moderner Totimpfstoff zum Einsatz, der kaum Nebenwirkungen mit sich bringt.
In Deutschland gelten die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts als Goldstandard. Die STIKO-Empfehlungen für Keuchhusten-Impfungen lauten folgendermaßen:
Impfungen bei Säuglingen und Kindern
Impfung: im Alter von 8 Wochen
Impfung: mit 4 Monaten
Impfung: zwischen 11 und 14 Monaten (Grundimmunisierung vollständig)
Auffrischung: zwischen 5 bis 6 Jahren
Auffrischung: zwischen 9 bis 16 Jahren
Keuchhusten-Impfung für Erwachsene
Über 90 Prozent der Schulkinder in Deutschland sind gegen Pertussis geimpft. Darum treten rund drei Viertel der Fälle mittlerweile bei über 19-Jährigen auf. Auch Erwachsene sollten sich gemäß STIKO-Empfehlung regelmäßig, das bedeutet mindestens alle zehn Jahre impfen lassen. Eine Impfung empfiehlt sich besonders dringend für alle Erwachsenen, in deren engem Familienumfeld ein Kind geboren wurde. Zum Beispiel also für Großeltern, Tanten und Onkel oder Freunde, die näheren Kontakt zum Neugeborenen haben. Achtung: Auch eine erfolgte Erkrankung geht nicht mit einer lebenslangen Immunität einher.
Es gibt aktuell keine Einzelstoff-Impfung. Das bedeutet, es kommen immer Kombi-Wirkstoffe zum Einsatz, die zusätzlich vor Tetanus oder Diphterie schützen (Tdap-Kombinationsimpfstoff) oder Polio schützen.
Pertussis-Impfung für Schwangere
Seit 2020 empfiehlt die STIKO: Jede Schwangere sollte sich ab der 28. Schwangerschaftswoche, also zu Beginn des dritten Trimesters, spätestens aber vier Wochen vor der Geburt, gegen Keuchhusten impfen lassen. So werden die Antikörper auf das Ungeborene übertragen und bieten in den ersten Lebensmonaten Schutz vor Keuchhusten. Die Impfung ist gut verträglich und stellt für die Schwangerschaft kein Risiko dar. Selten tritt leichtes Fieber als Nebenwirkung auf. Die Impfung gegen Pertussis sollte in jeder Folgeschwangerschaft, unabhängig von der letzten Auffrischung, wiederholt werden.
Impfen gegen Keuchhusten – sich und andere schützen
Eine Impfung zieht dem gefährlichen Keuchhusten mit wenig Aufwand die sprichwörtlichen Zähne. Da die Kombi-Impfstoffe gut verträglich sind, sollten darum auch Erwachsene ihren Schutz regelmäßig auffrischen lassen. So gehen sie nicht nur für sich selbst auf Nummer sicher, sondern schützen andere. Insbesondere Säuglinge sind auf die passive Schutzwirkungen von Impfungen angewiesen. Die Kosten für die Auffrischungen werden von der Krankenkasse übernommen.