Darmsanierung: Neustart für die Verdauung

Mit einer Oberfläche von bis zu 500 Quadratmetern ist der Darm unser größtes Organ. Ein aus der Balance geratener Darm beeinträchtigt unser Wohlbefinden. Eine Darmsanierung kann helfen. Wir erklären, wann eine Darmsanierung sinnvoll sein kann und wie sie abläuft.

Darmsanierung – was ist das?

Ein Haus kann man sanieren – aber einen Darm? Das Wort „sanieren“ stammt vom lateinischen „sanare“ für „heilen“ und weist uns die Richtung. Denn unter einer Darmsanierung verstehen wir eine mehrwöchige Kur, die die Darmgesundheit verbessern soll. Konkret soll sie dabei helfen, die Darmflora – dazu später mehr – wieder in Balance zu bringen. Oft wird die Darmsanierung auch im gleichen Atemzug mit dem allseits beliebten und gleichzeitig umstrittenen „Entgiften“ genannt. Eine Darmsanierung kann zudem synonym mit dem Begriff „Symbioselenkung“ verstanden werden. Sie hat eine lange Tradition, gehört aber nicht zu den Standards der Schulmedizin. Dennoch kann es sich lohnen, sich mit der Darmsanierung und ihren unterschiedlichen Varianten zu beschäftigen. Denn für viele ebnet sie den Weg hin zu neuen Ernährungsgewohnheiten.

Der Darm: Allrounder in Sachen Gesundheit

Wie wichtig ein gesunder Darm ist, rückt mehr und mehr ins allgemeine Bewusstsein. Eine große Rolle spielt dabei die Darmflora, Teil unseres „Mikrobioms“. Sie besteht aus Billiarden von Bakterien sowie Pilzen und Viren. Wie genau das Mikrobiom unsere Gesundheit beeinflusst, ist Gegenstand vieler aktueller Studien. Die Darmflora scheint auch Einfluss auf Allergien, Autoimmunerkrankungen und entzündliche Vorgänge. Forscher untersuchen die Zusammenhänge zu Heuschnupfen, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Neurodermitis, aber auch Depressionen, Demenz oder Parkinson.

Ist die im Vergleich zu Gesunden veränderte Darmflora Folge oder Ursache für die jeweiligen Erkrankungen? Ungewiss. Sicher ist aber: Das Mikrobiom bleibt in den nächsten Jahren ein spannendes Thema mit einem hohen Potenzial für neue Erkenntnisse.

Ursachen für eine gestörte Darmflora

Ist die Darmflora aus dem Gleichgewicht geraten, vermehren sich die „schlechten“ Fäulnisbakterien unverhältnismäßig stark, die „guten“ gehen zurück. Dies kann durch bestimmte Erkrankungen verursacht werden. Aber auch Lebensgewohnheiten sowie die Einnahme von Antibiotika können unsere Darmflora negativ beeinflussen. Ein aus dem Gleichgewicht geratenes Mikrobiom macht die Darmschleimhaut anfälliger für Reizungen oder Entzündungen und kann den Stoffwechsel negativ beeinflussen – so argumentieren die Fürsprecher der Darmsanierung.

Woran erkennt man einen gestörten Darm?

Im Darm befinden sich rund 100 Billionen Bakterien. Gerät diese Bakteriengemeinschaft aus dem Gleichgewicht, bezeichnen Experten dies als Dysbiose. Aber auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien können ähnliche Beschwerden verursachen. Typische Symptome für einen gestörten Darm sind:

  • Völlegefühl
  • Blähungen
  • Verstopfung
  • Durchfall.

Nicht immer ist es so offensichtlich. Oft zeigt sich ein aus der Balance geratenes Mikrobiom durch großen Heißhunger auf Süßigkeiten, Anfälligkeit für Infekte oder in Form von einem unbestimmten Schlappheitsgefühl. Inwiefern ein gestörter Darm Krankheiten triggern kann, wissen wir heute noch nicht. Doch sicher ist: Er hat einen großen Einfluss auf unser Immunsystem. In der Schleimhaut des Dickdarms sitzen über 70 Prozent unserer Abwehrzellen.

Ziele einer Darmsanierung

Eine Darmsanierung soll das Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht bringen: von der Dysbiose zum Wunschzustand, der sogenannten Eubiose. Gesicherte Erkenntnisse darüber, wie hilfreich eine Darmsanierung ist, gibt es jedoch kaum. Wann ist eine Darmsanierung also sinnvoll? Manche Menschen führen vorbeugend eine Darmsanierung durch und berichten anschließend von einem verbesserten Allgemeinbefinden. Eine Darmsanierung kann bei bestimmten Krankheiten unterstützen. Zum Beispiel, um das Regenerieren einer entzündeten Darmschleimhaut im Rahmen eines Reizdarmsyndroms – hierzu später mehr – zu fördern. Oder generell dann, wenn der Körper nicht in Balance ist, zum Beispiel bei:

  • chronischen Verdauungsbeschwerden
  • einem gestörten Cholesterinstoffwechsel
  • Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Rosazea, Akne
  • Übergewicht
  • entzündlichen Erkrankungen: Morbus Crohn, Colitis ulcerosa
  • Darmsanierung nach Antibiotika, da diese nützliche Darmbakterien schädigen.

Oft wird eine Darmsanierung mit einer „Entgiftung“ in Verbindung gebracht und soll außerdem Leber und Nieren entlasten. Hierfür gibt es jedoch keine Belege. Unser Körper entgiftet sich täglich selbst, was für uns lebensnotwendig ist. Wir können allenfalls von einer „Entgiftung“ im weiteren Wortsinn sprechen. Denn vielen fällt es nach einer Darmsanierung leichter, sich gesünder zu ernähren. Dies kann psychologische Gründe haben, da die Darmsanierung eine gute Möglichkeit für einen „Reset“, also einen Neustart, bildet. Manche gehen davon aus, dass dieser Neustart durch das Plus an gesunden Darmbakterien im Anschluss an die Sanierung unterstützt wird.

Darmsanierung in drei Schritten

Eine Darmsanierung erfolgt oft in drei Schritten:

Reinigung: Bevor die Darmflora aufgebaut werden kann, soll sie möglichst frei von schädlichen Einflüssen sein.
Entsäuern/„entgiften“: Präbiotika-Kur, um die Verdauung zu optimieren.
Darmflora wiederherstellen/aufbauen: Probiotika-Kur, um „gute“ Bakterien zu vermehren und die Darmflora gezielt aufzubauen.

Eine solche „Darmkur“ oder auch Darmaufbaukur dauert einen Monat oder länger, um den Darm zu regenerieren. Wir stellen Beispiele für die drei Schritte einer Darmsanierung vor. Es gibt aber unzählige Varianten.

Darmreinigung

Alles auf Neustart – bei einer Darmreinigung wird der Darm komplett entleert. Dies kann via Einlauf erfolgen, was allerdings den Nachteil hat, dass der Dünndarm nicht gereinigt wird. Eine gute Alternative sind Abführmittel wie Glaubersalz oder Bittersalz. Die Wirkung tritt innerhalb von zwei bis drei Stunden ein. Bei manchen kann ein halber Liter unverdünnter Sauerkrautsaft ähnlich erfolgsversprechend sein. Schonend ist außerdem die Darmreinigung mit Flohsamenschalen. Allerdings kann es bis zu zwei Tagen dauern, bis die erwünschte Wirkung eintritt. Manche Experten empfehlen über einen Zeitraum von mehreren Wochen täglich einen Teelöffel Flohsamenschalen zu sich zu nehmen, um die Darmschleimhaut zu stärken.

„Entgiften“ – den Darm in Balance bringen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten rund um die zweite Phase der Darmreinigung. Manche Experten empfehlen, in dieser Phase ein Anti-Pilzmittel zu sich zu nehmen oder mittels Heilerde, Bentonit oder Zeolith zu „entgiften“. Im Zentrum steht dabei das Ausscheiden von Giftstoffen. Ein anderer Ansatz für die zweite Phase der Darmsanierung ist eine ballaststoffreiche Ernährung, die reich an Präbiotika ist. Inulin (z.B. in Bananen, Süßkartoffeln, Topinambur) und Oligosaccharide (z.B. in Hülsenfrüchten, Lauch) zählen zu den wichtigsten Quellen für Präbiotika.

Mikrobiom mit Probiotika aufbauen

Probiotika enthalten lebende Mikroorganismen und „füttern“ den Darm mit gesunden Darmbakterien. Besonders geeignet sind die Milchsäurebakterien der Bifidobakterium- und Lactobacillus-Stämme sowie Hefen und Bakterien des Stammes E. coli Nissle. Diese Bakterien sind mittlerweile als Nahrungsergänzungsmittel in Apotheken, teils auch in einigen Online-Shops, erhältlich.

Zusätzlich gibt es viele probiotische Nahrungsmittel, mit denen Sie die Darmflora gezielt aufbauen können. Hierzu gehören fermentierte Lebensmittel, also milchsauer Vergorenes wie Kombucha-Tee oder Kefir. Weitere Beispiele finden Sie bei unseren Tipps für eine darmgesunde Ernährung am Ende dieses Beitrags.

Weitere Informationen zu fermentierten Lebensmitteln

Unterschied zwischen Darmsanierung und Darmreinigung

In der Naturheilkunde ist die Darmreinigung der erste Schritt der Darmsanierung. Eine Darmreinigung im schulmedizinischen Sinne kann vor medizinischen Eingriffen wie einer Darmspiegelung notwendig sein. Hier geht es nur darum, den Darm für die Untersuchung zu leeren. Halten Sie sich in diesem Fall an die Anweisungen Ihres Arztes. Auch vor Fastenkuren ist in der Regel eine Darmreinigung einzuplanen. Allerdings verwenden viele Publikationen die Begriffe „Darmsanierung“ und „Darmreinigung“ synonym.

Was sollte man während einer Darmsanierung essen?

Frisch zubereitete Gemüsegerichte mit Ballaststoffen aus Vollkorn und Hülsenfrüchten eignen sich optimal und regen die Verdauung an. Verzichten Sie während einer Darmsanierung komplett auf Alkohol, Nikotin und Süßigkeiten sowie Fast Food und industriell verarbeitete Lebensmittel. Verzehren Sie Fleisch und Kaffee sowie Schwarztee nur in kleinen Mengen. Essen Sie kleine Portionen und legen Sie mindestens 4 Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten ein.

Darmsanierung bei Reizdarmsyndrom

Rund um den sogenannten „Reizdarm“ liegt noch viel im Dunkeln, die genauen Ursachen sind unbekannt. Dennoch gehen Experten davon aus, dass ein ausbalanciertes Mikrobiom die Symptome des Reizdarms verbessern kann. Typischerweise haben Reizdarm-Patienten mehr „schlechte“ Proteo- und Firmicutes-Bakterien als gesunde Menschen, wohingegen die Anzahl „guter“ Bakterien wie Acinetobacter- und Bifido-Bakterien geringer ist.

Verursacht das Reizdarmsyndrom diese Veränderungen oder führt die Dysbiose zum Reizdarm? Zumindest liegt nahe, dass mehr Balance im Darm die Erkrankung positiv beeinflussen kann. Zwar ist eine naturheilkundliche Darmsanierung keine Standard-Therapie für den Reizdarm. Doch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) empfiehlt, gezielt Probiotika in hohen Dosen einzunehmen. Bei der Auswahl der richtigen Probiotika unterstützt der behandelnde Gastroenterologe je nach Symptomen. Nicht bei jedem Reizdarm-Patienten schlägt die Therapie mit Probiotika an. Da sie jedoch unkompliziert und nicht mit Nebenwirkungen verbunden ist, lohnt ein Versuch.

Weitere Informationen zum Thema Reizdarmsyndrom

Sollte man eine Darmsanierung im Vorfeld mit einem Arzt besprechen?

Wer chronisch krank ist oder regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte vor einer Darmsanierung seinen behandelnden Arzt konsultieren. Dies gilt insbesondere für Menschen mit Darmerkrankungen. Der Gastroenterologe kann einschätzen, ob und wie eine Darmsanierung sinnvoll ist. Auch hinsichtlich ergänzender Bakterien ist er der richtige Ansprechpartner. Wer gesund ist und ausprobieren möchte, ob sich eine Darmsanierung positiv bemerkbar macht, kann dies ohne Rücksprache tun. Achten Sie jedoch auf eine schonende Darmreinigung zu Beginn.

Risiken einer Darmsanierung

Mögliche Risiken einer Darmsanierung sind vor allem bei der „Darmreinigung“ zu verzeichnen. Durch Einläufe (Colon-Hydrotherapie) kann es zu Schäden am Darm kommen. Schonender sind natürliche Abführmittel. Hierbei kommt es kurzfristig zu Durchfall, manchmal auch zu Bauchkrämpfen und Blähungen. Ist der Darm leer, verschwinden diese Nebenwirkungen. Die gezielte Einnahme von Probiotika und Präbiotika ist im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung nicht mit Risiken verbunden.

Darmsanierung für Kinder

Eine klassische Darmsanierung in drei Schritten für Kinder ist nicht empfehlenswert. Wenn Kinder unter Magen-Darmbeschwerden leiden, ist der Kinderarzt der richtige Ansprechpartner. Unterstützend können Eltern, sofern keine Unverträglichkeiten bestehen, gezielt ballaststoffreiche Nahrungsmittel mit Probiotika und Präbiotika auf den Teller bringen. Auch hier ist die enge Absprache mit dem Kinderarzt unbedingt zu empfehlen.

Was gibt es nach einer Darmsanierung zu beachten?

Eine darmfreundliche Lebensweise ist der beste Weg, um den erwünschten Status-quo nach einer Darmsanierung und damit den Darm im Gleichgewicht zu (er)halten. Hier einige Tipps:

Das tut dem Darm gut:

  • Bewegung, vor allem Ausdauersport
  • probiotische Nahrungsmittel: Sauerkraut, Kefir, Kimchi, Naturjoghurt, Buttermilch, Brottrunk, Kombucha
  • präbiotische Lebensmittel: Hülsenfrüchte, Lauch, Bananen, Weizen, Roggen.
  • zuckerfreie Getränke, z. B. Wasser, Kräutertees
  • gründliches Kauen, stressfrei essen
  • für Neugeborene: Muttermilch.

Das schadet dem Darm:

  • Fastfood
  • Rauchen
  • Alkohol
  • Zucker: Süßigkeiten, zuckerhaltige Getränke
  • chloriertes Trinkwasser
  • schnell verdauliche Kohlehydrate, z.B. in Weißmehl
  • viel Fleisch und Wurst
  • künstliche Süßstoffe (z.B. Aspartam, Saccharin) schädigen die Darmbakterien

Wer sich nach einer Darmsanierung besser fühlt, kann diese zwar in Abständen wiederholen. Entscheidend ist jedoch eine gesunde und darmfreundliche Ernährungsweise im Alltag.