Wird das Haar lichter, greifen viele Menschen zu allerlei im Handel erhältlichen Mittelchen und Tinkturen. Doch die Wirkung der vermeintlich haarwuchsfördernden Produkte bleibt meist aus. Nun haben Forscher eine neue Substanz ausfindig gemacht, die das Haarwachstum fördern kann: Sandelholz-Duft. Wir erklären, was dahintersteckt.
Haarwachstum verstehen: Lebensphasen
Um die mögliche Wirkungsweise des Sandelholz-Duftes besser verstehen zu können, werfen wir einen Blick auf die drei verschiedenen Lebensphasen eines jeden Haares:
Wachstumsphase: Die Anagen- oder Wachstumsphase ist die längste Lebensphase unserer Haare. Sie kann zwischen sechs und acht Jahre dauern. Rund 85 Prozent der Haare befinden sich durchschnittlich in der Wachstumsphase. Wie lange sie währt, ist zu einem großen Teil genetisch bedingt. Auch das Alter kann dazu führen, dass die Haare früher ausfallen. Eine Traummähne bis zum Po ist also trotz bester Haarpflege nicht für jeden möglich. Das Haar wächst monatlich um bis zu einem Zentimeter.
Übergangsphase: In der Übergangsphase, auch Katagenphase genannt, stellt die Haarwurzel das Wachstum ein. Dies bedeutet, dass kein neues Zellmaterial mehr aus der Wurzel gebildet wird. Der Haarfollikel verengt sich und das Haar verkümmert. Die Übergangsphase dauert lediglich zwei bis drei Wochen.
Ruhephase: Sie läutet die letzten Tage im Lebenszyklus eines Haares ein und steht gleichzeitig für einen Neuanfang. Der Haarfollikel regeneriert und die Zellteilung beginnt erneut. Das nachfolgende Haar bildet sich. In dieser Phase, auch Telogenphase genannt, fällt das in die Jahre gekommene alte Haar aus. Pro Tag verlieren wir auf diese Weise durchschnittlich 70 bis 100 Haare.
Ursachen für Haarausfall
Dass unsere Haare regelmäßig ausfallen, ist aufgrund der zyklischen Wachstumsphasen normal und mindert keinesfalls die Haarfülle. Doch sowohl Männer als auch Frauen können unter krankhaftem Haarausfall leiden. Was ist darunter zu verstehen?
Hormonell bedingter Haarausfall
Dieser Haarausfall ist die häufigste Ursache für eine lichter werdende Mähne. Experten sprechen von androgenetischer Alopezie, kurz „AGA“. Die Haarwurzeln reagieren hierbei mit der Zeit empfindlicher auf männliche Hormone (Androgene), so dass die Wachstumsphase massiv verkürzt ist. Schließlich stirbt die Haarwurzel ab. Rund 80 Prozent der Männer sind davon betroffen. Bei einigen setzt der Haarausfall erst im fortgeschrittenen Alter ein, andere sind bereits in ihren 20ern davon betroffen. Auch bei der Hälfte der Frauen kommt es nach den Wechseljahren zu einer Überempfindlichkeit gegen männliche Hormone und die Haare fallen verstärkt aus. Sind bei Männern die typischen Geheimratsecken Vorboten des lichter werdenden Haars, beginnt der Haarausfall bei Frauen meist rund um den Mittelscheitel.
Neben dem androgenetischen Haarausfall gibt es weiteren hormonell bedingten Haarausfall. Diesen kennen vor allem viele junge Mütter. Denn in der Schwangerschaft verlängert die erhöhte Östrogenausschüttung die Wachstumsphase der Haare, so dass weniger Haare in die Telogenphase kommen. Häufig haben Schwangere darum eine besonders üppige Haarpracht. Nach der Schwangerschaft sinkt der Östrogenspiegel und es treten überdurchschnittlich viele Haare auf einmal in Übergangs- und Endphase, die Haare fallen vermehrt aus. Dies bedeutet, dass sich das hormonelle Gleichgewicht wieder einstellt: Nach einigen Wochen kehrt der Körper wieder in den Zustand vor der Schwangerschaft zurück, der Haarausfall normalisiert sich.
Kreisrunder Haarausfall
Im Gegensatz zu Geheimratsecken und Tonsur zeigt der kreisrunde Haarausfall, auch Alopecia areata genannt, sich in begrenzten komplett kahlen und runden Stellen. Die Ursachen hierfür sind nicht eindeutig geklärt. Experten vermuten jedoch, dass eine Störung des Immunsystems für die kahlen Bereiche verantwortlich ist. Abwehrzellen greifen dabei die Haarwurzel an. Es kommt zu Entzündungen und zu einem Stopp des Haarwachstums. Kreisrunder Haarausfall betrifft sowohl Männer als auch Frauen. Er kann spontan auftreten und ebenso wieder verschwinden.
Haarausfall – wann zum Arzt?
Neben den hier genannten Ursachen können auch schwere Krankheiten oder Mangelerscheinungen dazu führen, dass vermehrt Haare ausfallen. Es ist darum immer ratsam, bei länger andauerndem Haarausfall unklarer Ursache einen Dermatologen aufzusuchen oder den Hausarzt darauf anzusprechen. Bringen Sie in jedem Fall Geduld mit: Findet dieser mögliche Ursachen wie einen Vitaminmangel, kann die Therapie einige Monate dauern.
Sandelholz-Duft gegen Haarausfall
Können unsere Haare riechen? Zumindest reagieren sie auf Geruchsmoleküle – genauer gesagt: Die Haarfollikel reagieren. Haarfollikel sind winzige Einstülpungen in unserer Haut, in denen die Haarwurzeln liegen. Doch die Haarfollikel verfügen außerdem über Geruchsrezeptoren, Experten sprechen vom OR2AT4-Geruchsrezeptor. Geruchsrezeptoren veranlassen den Körper nach dem Kontakt mit Duftmolekülen zu bestimmten Reaktionen.
Um zu untersuchen, inwiefern bestimmte Gerüche auf Haarfollikel wirken, haben Wissenschaftler diese im Labor kultiviert. Mit den Labor-Follikeln haben Forscher der University of Manchester und des Monasterum Laboratory in Münster eine vielversprechende Entdeckung gemacht: Synthetisch hergestellter Sandelholz-Duft in Form der Duftstoffe Sandalore und Brahmanol regt die Haarfollikel zum Wachstum an. Zum einen durch eine Stimulation des Wachstums in der äußeren Schicht des Haarfollikels. Zum anderen durch ein Verlängern der Wachstumsphase um rund 30 Prozent. Durch das ausgedehnte Wachstum sterben weniger Haarzellen ab.
Duftendes Sandelholzöl hat in Indien eine lange Tradition und kommt seit Jahrhunderten auf vielfältige Weise zum Einsatz. Denn ätherischem Sandelholzöl werden viele positive Eigenschaften nachgesagt: Es soll antibakteriell und schmerzstillend, krampflösend sowie zellregenerierend wirken. Auch als Aphrodisiakum erlangte der Duft aus Tausendundeiner Nacht Bedeutung. Traditionellerweise stammt das Öl aus dem weißen Holz des Sandelholzbaums Santalum album. Heute kommen Öle aus verschiedenen Bäumen als „Sandelholzöl“ in die Flacons. So wird das Öl auch aus dem vor allem in der Karibik heimischen Balsambaum oder dem australischen Sandelholzbaum Santalum apicatum gewonnen.
Für Haarwachstum braucht es erfreulicherweise weder den streng geschützten indischen noch andere Bäumen: Die Forscher haben mit synthetischem Duft experimentiert.
Sandelholz – Hoffnung gegen Haarausfall?
Sandelholz-Duft kann die Wachstumsphase der Haare möglicherweise anregen. Es eignet sich darum nicht für Haarausfall, der durch entzündliche Prozesse ausgelöst wird. Menschen, die unter kreisrundem Haarausfall leiden, wird Sandelholz-Duft voraussichtlich nicht helfen.
Hormon- und altersbedingten Haarausfall könnte die dufte Therapie jedoch hinauszögern. Denn verkürzte Wachstumsprozesse könnten hierdurch wieder in Schwung kommen. Noch fehlen allerdings Erfolge aus dem Alltag: Bisher sind lediglich positive Labor-Ergebnisse zu verzeichnen. Doch wie praktikabel und verträglich die Anwendung ist, ist bisher nicht bekannt.
Wer jetzt bereits altersbedingten Haarverlust hat, sollte sich keine Illusionen machen: Produkte mit Sandelholz-Duft werden auf einen kahlen Kopf keine üppige Lockenpracht zaubern. Der dufte Effekt bezieht sich nach jetzigen Erkenntnissen vor allem auf das Vorbeugen von Haarausfall. Sind die Haarfollikel bereits abgestorben, kann kein Duft sie mehr zum Leben erwecken. So bringt Sandelholz-Duft nicht mehr, aber auch nicht weniger als einen Hauch Hoffnung im Kampf gegen Haarausfall.