Hochverarbeite Lebensmittel: Praktisch aber ungesund?

Dass verarbeitete Lebensmittel automatisch ungesund sind, ist ein Irrglaube. Hier spielt vielmehr der Verarbeitungsgrad des Produkts eine entscheidende Rolle. Vor allem hochverarbeitete Lebensmittel – sogenannte ultra-processed foods (UPFs) – können unserer Gesundheit nachhaltig schaden, wenn sie zu viel Raum im täglichen Speiseplan einnehmen. Um das zu vermeiden, ist es notwendig, hochverarbeitete Lebensmittel zu erkennen und einen sinnvollen Umgang damit zu finden. Wie so oft im Leben macht nämlich auch hier die Dosis das Gift. Mehr zum Thema und praktische Tipps, um stark verarbeitete Lebensmittel im Alltag zu reduzieren, finden Sie folgend.

Was versteht man unter verarbeiteten Lebensmitteln?

Ist von verarbeiteten Lebensmitteln die Rede, denken viele von uns automatisch an sehr stark veränderte Lebensmittel mit vielen Zusatzstoffen. So wird „verarbeitet“ fast zwangsläufig mit „ungesund“ assoziiert, was bei näherer Betrachtung allerdings relativiert werden muss. Im engeren Sinne sind nämlich all jene Produkte, die in irgendeiner Weise industriell bearbeitet und damit verändert werden, verarbeitet. Das schließt auch einfache Mechanismen wie Mahlen, Trocknen, Einfrieren, Backen oder Erhitzen mit ein. Milch, Käse, Tiefkühlgemüse oder Vollkornbrot – ganz sicher keine ungesunden Lebensmittel, aber eben dennoch verarbeitet.

Um Lebensmittel, wie wir sie im Handel kaufen können, entsprechend ihrer Verarbeitung einzuordnen, greift man gerne auf eine Vier-Stufen-Einteilung zurück, die 2014 von einem brasilianischen Forscherteam entwickelt wurde: das sogenannte Nova-Modell. Je nach Verarbeitungsgrad unterscheiden sich die verschiedenen Stufen voneinander. Das verschafft uns als Konsumenten einen guten ersten Eindruck darüber, dass verarbeitet eben nicht gleich verarbeitet bedeutet, sondern es hier verschiedene Abstufungen gibt.

Stufe 1: Unverarbeitete bis minimal verarbeitete Lebensmittel

Unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel bilden die Basis für alle weiteren Verarbeitungsschritte. In diese Kategorie fallen frisches Obst und Gemüse, Kräuter, Samen, Nüsse, frisches Fleisch und Fisch, Reis, Haferflocken, Milch oder auch Eier. Einfache Verarbeitungsmechanismen wie Erhitzen, Einfrieren, Rösten oder Zerteilen werden dazu genutzt, Nahrungsmittel aufzubereiten beziehungsweise länger haltbar zu machen.

Stufe 2: Leicht verarbeitete Lebensmittel

Unverarbeitete bis minimal verarbeitete Lebensmittel werden industriell durch Prozesse wie Mahlen oder Raffinieren noch weiterverarbeitet. In diese Kategorie fallen etwa pflanzliche Öle, Salze, Essig, Zucker, Salz oder Butter.

Stufe 3: Etwas stärker verarbeitete Lebensmittel

Auf dieser Stufe sind die industriellen Verarbeitungsschritte nun schon komplexer. Lebensmittel werden etwa gekocht, fermentiert, gepökelt oder geräuchert. In Maßen können Produkte der Stufe 3 in Kombination mit jenen aus Stufe 1 und 2 Teil einer ausgewogenen und gesunden Ernährungsweise sein. In diese Kategorie fallen etwa Brot, Käse, Nudeln, Marmeladen, Obst- und Gemüsekonserven sowie Fisch- und Fleischkonserven.

Stufe 4: Hochverarbeitete Lebensmittel

Lebensmittel der Stufe 4 – sogenannte hochverarbeitete Lebensmittel – sind nicht nur industriell komplex verarbeitet, sondern enthalten auch große Mengen an Zusatzstoffen. Die Liste stark verarbeiteter Lebensmittel ist lang. Als klassische Fertiggerichte, Tütensuppen und Tiefkühlpizzen über Hühnernuggets sowie Fleisch- und Wurstprodukte bis hin zu Cerealien, Gebäck, Süßigkeiten oder Softdrinks füllen sie die Supermarktregale. Auch vermeintlich gesunde vegane Fleisch- und Käsealternativen fallen in diese Kategorie.

Was sind hochverarbeitete Lebensmittel?

Wahrscheinlich ist nun ein erster Eindruck entstanden, dass sehr stark verarbeitete Lebensmittel – sogenannte ultra-processed foods (UPFs) oder einfach hochverarbeitete Lebensmittel – dem entsprechen, was wir gemeinhin als ungesund ansehen. Tatsächlich zeichnen sie sich durch eine recht geringe Nährstoffdichte aus. Das liegt unter anderem daran, dass hier nicht mehr das vollwertige Lebensmittel zum Einsatz kommt, sondern einzelne Zutaten, die unter Beigabe von Zusatzstoffen kombiniert werden.

Füllstoffe, Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker oder künstliche Farbstoffe sorgen dafür, dass solche Produkte reichhaltig wirken, toll aussehen und vor allem gut schmecken. Zudem ist das Menü im Handumdrehen angerichtet, denn im Regelfall müssen hochverarbeitete Lebensmittel nur mehr kurz erhitzt werden. Zugegeben, im hektischen Alltag ist das manchmal durchaus praktisch. Nicht zuletzt haben hochverarbeitete Lebensmittel weitere Vorteile zu bieten: Sie sind lange haltbar, in großer Auswahl erhältlich und meist nicht allzu teuer.

Warum sind hochverarbeitete Lebensmittel problematisch?

Bei all den Vorteilen, die man hochverarbeiteten Lebensmitteln nicht absprechen kann, überwiegen ganz sicher deren Nachteile – angefangen mit der schon angesprochenen geringen Nährstoffdichte. Da die Produkte sehr stark verarbeitet sind, sind Vitamine und Mineralstoffe nur noch rudimentär vorhanden. Demgegenüber weisen sie eine relativ hohe Energiedichte auf. Solche Kalorien ohne Nährstoffe bezeichnet man auch als „leere Kalorien“ – und auf Dauer machen sie dick.

Darüber hinaus enthalten ultra-processed foods so gut wie keine Ballaststoffe beziehungsweise langkettigen Kohlenhydrate. Stattdessen weisen sie in der Regel einen sehr hohen Zucker- und Weißmehlgehalt auf. Ein Sättigungseffekt tritt damit nur kurzzeitig ein und recht bald verlangt der Körper Nachschub.

Während es hochverarbeiteten Lebensmitteln an Nährstoffen fehlt, sind Zusatzstoffe in Form von Emulgatoren, künstliche Farb- und Konservierungsstoffen oder synthetischen Aromen reichlich vorhanden. Tatsächlich sind nicht alle diese Inhaltsstoffe unbedenklich, ganz im Gegenteil! Manche davon wirken sich negativ auf unser Immunsystem aus und begünstigen Allergien und Unverträglichkeiten.

Auch die negative Ökobilanz, die sehr stark verarbeiteten Lebensmitteln anhaftet, muss erwähnt werden. So benötigen industrielle Verarbeitungsprozesse enorm viel Energie und hohe CO2-Emissionen entstehen. Darüber hinaus lassen sich die großen Mengen an Verpackungsmüll, der mehrheitlich aus Kunststoffen besteht, nicht wegdiskutieren.

Nicht zuletzt sollte sich der Konsument darüber bewusst sein, dass Werbung für UPFs sehr stark mit der Suggestion gesunder Inhaltsstoffe und Vielfalt arbeitet. Im Hinblick auf die Tatsache, dass solche Lebensmittel in Wirklichkeit weder besonders gesund sind, noch vielfältige Zutaten aufweisen, mutet das fast ein wenig skurril an.

Nachteile hochverarbeiteter Lebensmittel im Überblick:

  • Geringe Nährstoffdichte bei hoher Energiedichte → leere Kalorien
  • Kaum Sättigungseffekt → machen schnell wieder hungrig
  • Viele Zusatzstoffe, die sich ungünstig auf den Körper auswirken können
  • Negative Ökobilanz

Sind verarbeitete Lebensmittel generell ungesund?

Verarbeitete Lebensmittel nicht nicht automatisch ungesund, es kommt immer auf den Verarbeitungsgrad an. So mögen Dosentomaten, die man verwendet, um eine schmackhafte Tomatensauce mit frischen Kräutern herzustellen, zwar verarbeitet sein, als gesund kann man das Endprodukt dennoch einstufen. Dasselbe gilt für hochwertiges Vollkornbrot. Es ist verarbeitet, doch ganz sicher nicht ungesund.

Problematisch wird es vielmehr dort, wo der Speiseplan zu einem guten Teil aus hochverarbeiteten Lebensmitteln besteht. Mögen ein Fertiggericht oder der stark zuckerhaltige Joghurt ab und zu nicht ins Gewicht fallen, ändert sich das spätestens dann, wenn Verbraucher kaum mehr zu weniger verarbeiteten Lebensmitteln greifen. Hier setzt rasch ein Teufelskreis ein. Unser Körper gewöhnt sich an Zuckerzusätze, künstliche Geschmacksverstärker und andere bedenkliche Inhaltsstoffe, weswegen wenig verarbeitete Produkte rasch fad schmecken. Als logische Konsequenz wird natürlich vermehrt das gekauft, was schmeckt: ultra-processed foods.

Welche gesundheitlichen Probleme bergen stark verarbeitete Lebensmittel?

Die aktuelle Studienlage zeigt auf, dass der übermäßige Konsum stark verarbeiteter Lebensmitteln die Entstehung verschiedener chronischer Krankheiten begünstigen kann. Vorrangig sind dies Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, gesundheitliche Beschwerden im Magen-Darm-Bereich sowie Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2. Auch zwischen UPFs und Demenz sowie Depression scheint es einen Zusammenhang zu geben. Nicht zuletzt dürfte eine Ernährungsweise, die vorrangig hochverarbeitete Lebensmittel beinhaltet, das Risiko für Karies und bestimmte Krebsarten wie etwa Darmkrebs erhöhen.

Hauptgründe für gesundheitliche Probleme sind das ungünstige Nährstoffprofil solcher Lebensmitteln sowie die stetig hohe Zufuhr von Zusatzstoffen. Konkret sind etwa erhöhte Entzündungswerte im Blut, ein Ansteigen des Insulinspiegels sowie Veränderungen des Darm-Mikrobioms zu beobachten. Ebenfalls zeigen sich Übergewicht, erhöhter Blutdruck, chronische Entzündungen, Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten.

Wie erkennt man hochverarbeitete Lebensmittel?

Hochverarbeitete Lebensmittel sind im Prinzip rasch enttarnt, wenn man weiß, worauf man achten muss. Wesentlich ist ein ausführlicher Blick auf die Zutatenliste. Je umfangreicher diese ausfällt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man es mit einem stark verarbeiteten Fertigprodukt zu tun hat. Lebensmittel-Kombinationen und lange Zutatenlisten mit unbekannten Positionen sollten uns ebenso aufmerken lassen wie große Mengen an Zucker, Fetten und Salz. Deutliche Hinweise liefern zudem künstliche Aromen sowie Farb- und Konservierungsstoffe. Zusätze finden sich in der Zutatenliste als E-Nummern. Nicht zuletzt handelt es sich bei UPFs häufig um auffallend farbenfrohe Produkte, die stark beworben werden und bei denen an Verpackungsmaterial nicht gespart wird.

Weitere Informationen zu verstecktem Zucker in Lebensmitteln

So vermeidet man stark verarbeitete Lebensmittel im Alltag

Für einen achtsamen Umgang mit stark verarbeiteten Lebensmitteln ist es notwendig, bisherige Einkaufs- und Essgewohnheiten kritisch zu hinterfragen. Ein guter Ansatz ist dabei sicherlich, vorwiegend zu Nahrungsmitteln wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Getreide, Eiern oder Milchprodukten zu greifen und möglichst frisch zu kochen. Dann spricht auch nichts dagegen, von Zeit zu Zeit mit stärker verarbeiteten Produkten aufstocken.

Um sich einen Eindruck über den Verarbeitungsgrad von Produkten zu verschaffen, führt kein Weg daran vorbei, Zutatenlisten und Nährwerttabellen in den Blick nehmen. Leider passiert das im Alltag nur recht selten. Überdies lassen sich viele hochverarbeitete Produkte, wie wir sie in den Supermarktregalen finden, mit wenigen Handgriffen selbst herstellen und so um einiges gesünder gestalten. Ob Marmeladen, Saucen, Suppenwürze oder Müsli auf Basis von Haferflocken – man behält den Überblick über verwendete Zutaten und spart dabei meistens auch noch Geld.

Ebenfalls ein guter Ansatz, um seltener zu hochverarbeiteten Fertiggerichten greifen zu müssen ist es, einfach größere Mengen ausgewogener Mahlzeiten vorzukochen und anschließend einzufrieren. So hat man rasch etwas Gesundes zur Hand, wenn es einmal schnell gehen muss. Nicht zuletzt ist es ratsam, Softdrinks größtenteils durch Wasser und Tee zu ersetzen und sich die vermeintlichen Durstlöscher nur selten zu gönnen.

Tipps für den Umgang mit UPFs im Überblick:

  • Einkaufs-/Essgewohnheiten kritisch hinterfragen
  • Öfter zu Grundnahrungsmitteln greifen
  • Zutatenlisten und Nährwerttabellen in den Blick nehmen
  • Vorwiegend frisch kochen
  • Mit stärker verarbeiteten Produkten nur aufstocken
  • Lebensmittel selbst herstellen (Sauce, Suppenwürze, Marmelade,…)
  • Auf Vorrat kochen und einfrieren
  • Softdrinks ersetzen

Verarbeitete Lebensmittel: Die Dosis macht das Gift!

Es geht nicht darum, hochverarbeitete Lebensmittel zu verteufeln und vom Speiseplan zu verbannen, sondern um einen möglichst bewussten Umgang mit Ernährung. Was es dazu braucht, ist in erster Linie Wissen über den unterschiedlichen Verarbeitungsgrad gängiger Produkte und wie man diesen feststellt. Mithilfe dieses Wissens lassen sich gesunde und weniger gesunde – weil hochverarbeitete – Lebensmittel gut unterscheiden. Der Verzicht auf schmackhafte Fertigprodukte ist überhaupt nicht notwendig, wenn schlicht und ergreifend nach dem Motto „Die Dosis macht das Gift“ gekocht wird. Basiert Ernährung in erster Linie nämlich auf nicht bis wenig verarbeiteten Nahrungsmitteln, darf es in hektischen Zeiten ruhig die Tütensuppe oder die Fertigpizza sein. Nicht zuletzt lassen sich stark verarbeitete Produkte im Handumdrehen mit frischem Obst, Gemüse oder Kräutern aufpeppen.