Wie bei Ghosting oder Benching handelt es sich auch bei Breadcrumbing um einen Begriff, der der (virtuellen) Dating-Welt entstammt. Gemeint ist damit eine manipulative Hinhaltetaktik. Nicht immer ist diese leicht zu durchschauen und richtet mitunter großen seelischen Schaden an. Mehr über das Phänomen des Breadcrumbings erfahren Sie folgend.
Was ist Breadcrumbing?
Der Begriff Breadcrumbing stammt wie Ghosting oder Benching aus der Dating-Welt. Dabei ist das Phänomen in vielseitigen zwischenmenschlichen Beziehungen erfahrbar und dient nicht allein als Dating-Masche – wenngleich es in diesem Kontakt häufig offensichtlich scheint. Anders als beim Ghosting, bei dem sich das Gegenüber von einen Moment auf den anderen in Luft aufzulösen scheint, zeichnet sich Breadcrumbing dadurch aus, dass Nähe und Verbindlichkeit gar nicht erst zugelassen werden. Vielmehr hält man sich das Gegenüber warm, indem man es von Zeit zu Zeit gezielt mit Aufmerksamkeit bedenkt.
Der Begriff Breadcrumbing kommt also nicht von ungefähr. Bildlich gesprochen, werden Zuneigung und Aufmerksamkeit wie Brotkrumen am Ententeich verfüttert. Droht der Kontakt abzureißen, greift man rasch in die Tüte, um dem Objekt der „Begierde“ ein weiteres Häppchen zuzuwerfen – nur um die Brottüte danach wieder wegzustecken. Schließlich bleibt man auf diese Weise interessant, ohne Gefahr zu laufen, sich tatsächlich emotional binden zu müssen. Leider für so manchen eine Wohltat für das Ego!
Dass Breadcrumbing mit emotionaler Dynamik einhergeht, steht außer Frage. Betroffene erleben eine Ambivalenz zwischen Nähe und Distanz, fühlen sich als Spielball missbraucht. Im Unterschied zum ähnlich gearteten Benching werden sie nicht dauerhaft auf die sprichwörtliche lange Bank geschoben, sondern wieder und wieder mit leeren Versprechungen von dort weggelockt. Kein Wunder, dass Breadcrumbing seelische Spuren hinterlässt.
Breadcrumbing als Dating- und Alltagsphänomen
Dass Breadcrumbing als Dating-Masche mehr und mehr in Erscheinung tritt, verwundert nicht sehr. Schließlich bietet die virtuelle Welt samt ihren Social-Media-Plattformen eine optimale Fläche für solch fragwürdiges Balzverhalten. Dort bleibt man nicht nur anonym, so man dies möchte, im Handumdrehen sind kleine oder auch größere Brotkrumen in Form von Textnachrichten und Likes verteilt. Den Kontakt nicht völlig abreißen zu lassen, ist dank technischer Möglichkeiten denkbar einfach. Weder muss man massenhaft Zeit investieren, noch kostet es viel Anstrengung. Breadcrumbing im Netz? Geht also quasi nebenher – und das wird ordentlich ausgenutzt!
Dabei sind sich Breadcrumber ihres Verhaltens nicht immer völlig bewusst. Die Suche nach Aufmerksamkeit sowie Ängste und daraus resultierendes ambivalentes Verhalten laufen durchaus auch unbewusst ab. Vor diesem Hintergrund kann uns Breadcrumbing alle betreffen – als Opfer wie als Täter. Wenngleich sich der Begriff als Modewort stark auf die virtuelle Dating-Welt bezieht, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Breadcrumbing als zwischenmenschliches Phänomen in jeglichem Kontext stattfinden kann. Das Spiel mit Nähe und Distanz zeigt sich etwa auch in bestehenden Liebesbeziehungen, familiären Strukturen oder freundschaftlichen Beziehungen – dort findet es aber womöglich etwas subtiler statt, da man sein Gegenüber gut kennt.
Breadcrumbing – Warum machen Menschen so etwas?
So wie Menschen verschieden sind, unterscheiden sich natürlich auch ihre Verhaltensweisen und Beweggründe dafür. Fest steht jedoch, dass manipulative Tendenzen, wie sie sich beim Breadcrumbing zeigen, in der Regel auf innerpsychische Prozesse zurückzuführen sind. Mechanismen hinter solchen Hinhaltetaktiken zu verstehen, hilft dabei, Breadcrumber zu entlarven und nicht in die in Opferrolle zu geraten.
Gründe für Breadcrumbing sind vielseitig. Oftmals ist damit die verzweifelte Suche nach Bestätigung und Aufmerksamkeit verbunden, weil es mit dem eigenen Selbstbewusstsein nicht zum Besten steht. Auch die Angst, sich fest zu binden, verleitet so manchen dazu, den Pfad zwischen ambivalenter Nähe und Distanz einzuschlagen. Zudem lädt gerade der virtuelle – und damit sehr anonyme – Bereich dazu ein, sich auszuprobieren und den eigenen Marktwert zu testen. Das lockt vermehrt Menschen an, die mit Unsicherheiten und Versagensängsten zu kämpfen haben, oder im „echten“ Leben weniger Chancen wittern beziehungsweise enttäuscht wurden. Demgegenüber dürften auch narzisstische Züge und mangelnde Empathie beim Breadcrumbing eine gewisse Rolle spielen. Nicht zuletzt muss man anmerken, dass Facetten wie das Spiel mit Nähe und Distanz sowie die fehlende Notwendigkeit, verbindlich zu werden, Kennzeichen unserer schnelllebigen und vernetzten Gesellschaft sind. Gerade bei der jüngeren Generation steckt hinter entsprechenden Tendenzen oftmals tatsächlich keine böse Absicht.
Gründe für Breadcrumbing im Überblick:
- Mangelndes Selbstbewusstsein
- Suche nach Bestätigung und Aufmerksamkeit
- Unsicherheiten und Versagensängste
- Bindungsängste
- Enttäuschungen in der Vergangenheit
- Mangel an Empathie, narzisstische Züge
- Zeichen unserer Zeit (keine böse Absicht)
Breadcrumbing hinterlässt Spuren
Das Gefühl, hingehalten, ausgenutzt und manipuliert zu werden, macht in jedem zwischenmenschlichen Kontext etwas mit uns. Verstärkt wird dies, wenn Emotionen im Spiel sind und der Wunsch nach Verbindlichkeit und Beziehung wächst. Dann hinterlässt Breadcrumbing nicht nur Spuren, sondern kann mitunter auch seelischen Schaden anrichten.
So werden manipulative Taktiken leider häufig auf die eigene Person bezogen. Wir fühlen uns unzulänglich und nicht liebenswert. Das schürt Unsicherheiten und wirkt sich zwangsläufig irgendwann auf den eigenen Selbstwert aus. Auch das Selbstbewusstsein leidet. Hinzu kommt, dass es nach solchen Erfahrungen schwer fällt, wieder Vertrauen zu fassen und sich mit Leichtigkeit auf neue Beziehungen einzulassen. Bei manchen Betroffenen kommt es zum Verlust von Lebensfreude und sozialen Rückzug. Depressive Tendenzen sind dann keine Seltenheit.
Wie kann man Breadcrumbing erkennen?
Es gibt verschiedene Anzeichen für Breadcrumbing. Entscheidend ist zudem das Bauchgefühl. Meistens vermittelt einem die Intuition recht deutlich, dass etwas nicht stimmt.
1. Ambivalenz bezüglich Nähe und Distanz: Nähe und Distanz wechseln, der Kontakt ist häufig nur lose aufrecht. Auffällig sind Sendepausen über längeren Zeitraum, nur um sich schließlich wieder zu melden und dabei mit netten Worten und Komplimenten nicht zu sparen. Zudem wird vermehrt auf virtuellen statt persönlichen Kontakt gesetzt.
2. Unverbindlichkeit: Eine Tendenz zur Unverbindlichkeit fällt auf. So ist man beim Online-Dating etwa nicht zu realen Verabredungen bereit, oder Bekenntnisse – etwa zum Beziehungsstatus – bleiben vage. Auf fixe Zusagen zu Treffen wartet man oftmals vergeblich, vielmehr wird man hingehalten. Auch kurzfristige Absagen sind keine Seltenheit.
3. Oberflächlichkeit: Das Gegenüber öffnet sich kaum bis gar nicht und Gesprächsthemen bleiben oberflächlich. Es entsteht der Eindruck, vom anderen nicht wirklich viel zu wissen.
4. Emotionale Tiefgründigkeit fehlt: Der Ausdruck ernsthafter Gefühle – gerade auch in Form von Gesten und Verhaltensweisen – bleibt nicht nur aus, es findet auch keine Auseinandersetzung mit den Emotionen des Gegenübers statt. Werden Probleme angesprochen, wird ausweichend reagiert.
Wie reagiert man am besten auf Breadcrumbing?
Da Breadcrumbing nicht immer bewusst und absichtlich passiert, macht es durchaus Sinn, Verhaltensweisen rückzumelden und abzuwarten, ob sich etwas ändert. Werden allerdings weiterhin nur sprichwörtliche Brotkrumen verteilt, ist es durchaus ratsam, Grenzen zu setzen und die Beine in die Hand zu nehmen – dem eigenen Selbstwert zuliebe.
Erwartungen mitteilen: Ist man selbst an Entwicklung und einer tieferen Ebene interessiert, ist es sinnvoll, das mitzuteilen. Das macht Erwartungen transparent und spielt den Ball zum Gegenüber zurück. Dieses ist nun zu einem sorgsamen und wertschätzenden Umgang aufgefordert.
Verbindlichkeit einfordern: Verbindlichkeiten dürfen ruhig direkt eingefordert werden. Weder muss man sich von Breadcrumbern hinhalten lassen, noch leere Versprechungen oder kurzfristige Absagen hinnehmen. Virtueller Kontakt, der nicht und nicht in persönliche Treffen übergeht, obwohl das gewünscht ist, ist außerdem generell mit Vorsicht zu genießen.
Konfrontieren/Gespräch suchen: Ist die Erwartungshaltung klar kommuniziert und ändert sich das Verhalten nicht, darf es ruhig zu einer Konfrontation kommen. Diese sachlich und wertschätzend ablaufen zu lassen und dabei die eigenen Grenzen gut im Blick zu haben, ist vermutlich die größte Herausforderung. Den eigenen Standpunkt noch einmal zu verdeutlichen, hilft vielen Betroffenen dabei, sich endgültig zu distanzieren.
Kontakt abbrechen/Loslassen: Hat man es mit einem Breadcrumber zu tun, ist langfristig nur der völlige Kontaktabbruch sinnvoll. Dieses Loslassen macht uns schlussendlich auch wieder offen für Neues – und das ermöglicht tatsächlich wertschätzende Beziehungen!