Höher, schneller, weiter – mit spielender Leichtigkeit ließe sich dies im Berufsleben umsetzen, wären da nicht kleine Zeitfresser am Werk. Der Gefräßigste unter ihnen begegnet uns tagtäglich – Ablenkung! Neue Medien, geschwätzige Kollegen und Multitasking sind allgegenwärtig.
Es kommt zu Konzentrationseinbußen, Oberflächlichkeit und unerledigten Aufgaben. Aber nicht nur der berufliche Erfolg bleibt dadurch aus – auch Wohlbefinden und mentale Stabilität leiden – bis hin zum Burnout.
Damit es gar nicht erst soweit kommt, braucht es Strategien, um Ablenkungen während der Arbeit in Schach zu halten. Deep Work könnte möglicherweise der Schlüssel zum Erfolg sein. Ein Ansatz, den der US-Informatikprofessor Cal Newport in seinem gleichnamigen Bestseller vorstellt.
Warum Ablenkung im Berufsalltag aktueller ist denn je und inwiefern sie sich nachteilig auf Wohlbefinden und Leistungsvermögen auswirkt, möchten wir Ihnen mit diesem Beitrag gerne näher bringen. Welche Rolle dabei Deep Work nach Cal Newport spielt und inwieweit dieser Ansatz im Alltag hilfreich sein kann, erfahren Sie in unserem Beitrag.
Von Großraumbüros und Multitasking: Wer soll da noch konzentriert arbeiten?
Das Telefon klingelt, eine neue E-Mail macht lautstark auf sich aufmerksam, der Kollege links hat eine dringende Frage, der Kollege rechts hängt am Smartphone und diskutiert mit seiner Frau – Alltag am Arbeitsplatz.
Zwischendurch ziehen uns Soziale Netzwerke in ihren Bann, denn man könnte etwas Wichtiges verpassen. Rasch noch ein Meeting eingeschoben und schon ist Feierabend. Was am Ende des Tages übrig bleibt? Ein Haufen unerledigter Arbeit und das Gefühl, in der Luft zu hängen.
Die fortschreitende Digitalisierung – sie ist Fluch und Segen zugleich. Was uns unter die Arme greifen und produktiver machen soll, lenkt uns ab und hält uns auf. Unsere eigentliche Arbeit erledigen wir – so wir überhaupt dazu kommen – oberflächlich. Großraumbüros verschärfen die Problematik zusätzlich. Konzentriert arbeiten ist in unserem Multitasking-Alltag dann meist Fehlanzeige.
Konzentriert arbeiten? Bitte ohne Multitasking!
Wer denkt, Multitasking gehöre zu den dringend notwendigen Fähigkeiten im Berufsleben, irrt. Untersuchungen aus der Hirnforschung belegen, was die Praxis deutlich aufzeigt: Erledigen wir verschiedene anspruchsvolle Aufgaben gleichzeitig, tun wir uns damit nichts Gutes. Nicht nur steigt die Wahrscheinlichkeit für Fehler, man kann ebenfalls davon ausgehen, dass die einzelnen Aufgaben auf diese Weise unzureichend und oberflächlich bearbeitet werden. Multitasking ist allenfalls dort sinnvoll, wo es um Routineabläufe geht. Im Berufsleben fahren wir also besser, wenn wir eine Aufgabe nach der anderen erledigen. Dann ist der Output nämlich am größten.
Wie wirkt Ablenkung auf Leistungsfähigkeit und mentale Gesundheit?
Durch fortwährende Ablenkung sinken Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Doch wir lassen uns nicht nur ablenken, wir lenken uns auch ganz gerne selbst ab. Und nicht immer sind wir uns dessen überhaupt bewusst. Da wird während der Arbeitszeit durch Soziale Netzwerke gesurft, auf WhatsApp-Nachrichten geantwortet oder der Anruf der Schwiegermutter angenommen. Das Problematische daran? Unterbrechen wir eine Tätigkeit, die eigentlich unserer vollen Aufmerksamkeit bedarf, braucht es lange, bis wir wieder hineinfinden. Dass sich das auf unsere Produktivität auswirkt, versteht sich von selbst. Die Folgen von Ablenkung für unsere mentale Gesundheit sind mitunter gravierend.
Durch Ablenkungen im Berufsalltag …
… verlieren wir den roten Faden
… leidet unsere Konzentrationsfähigkeit
… haben wir das Gefühl, einfach nicht fertig zu werden
… wird das Gedankenkarussell in Gang gesetzt
… machen sich Symptome wie Kopfschmerzen oder Schlafstörungen bemerkbar
… fühlen wir uns unausgeglichen
… verlernen wir, konzentriert zu arbeiten
… kommt uns die Fähigkeit abhanden, zu fokussieren
… geraten wir in Stress
… verzetteln wir uns
… haben wir das Gefühl, (zu) wenig zu schaffen – egal wie lange wir arbeiten
… können sich Versagensängste einstellen
… werden wir Erwartungen von außen nicht gerecht
… genügen wir auch unseren eigenen Erwartungen nicht
… stellt sich Eintönigkeit ein
… verlieren wir die Freude an unserer Arbeit
Im schlimmsten Falle können stetige Ablenkungen derart auf die mentale Gesundheit wirken, dass sich das über kurz oder lang in einem Burnout niederschlägt.
Deep Work nach Cal Newport
Ein Konzept, auf hohem Niveau konzentriert zu arbeiten und dabei gleichzeitig die mentale Gesundheit zu fördern, stellt Cal Newport in seinem Bestseller Deep Work (deutsche Ausgabe: Konzentriert arbeiten) vor.
Der Ansatz Newports mag zwar inhaltlich nicht neu sein, vor dem Hintergrund unserer Arbeitsrealität ist er allerdings von verblüffender Aktualität.
Deep Work meint die Fähigkeit, in einem Zustand möglichst ablenkungsfreier Konzentration erstklassige Ergebnisse zu erzielen. Konzentriertes Arbeiten ohne Ablenkung und unter Einsatz all unserer kognitiven Möglichkeiten. In kürzerer Zeit soll man auf diese Weise mehr erlangen und zeitgleich bessere Ergebnisse erzielen.
Deep Work Konzentrationstraining: Strategien für mehr Effizienz bei der Arbeit
Durch Ablenkung in Form von Digitalisierung, Informationsflut und Multitasking haben wir konzentriertes Arbeiten verlernt, so Cal Newport. Höchste Zeit also, etwas dagegen zu unternehmen.
Folgende Strategien sollen uns laut Newport dabei helfen, unseren Fokus auf das Wesentliche zu legen:
# 1: Mönchstum
Wesentliche Voraussetzung für Deep Work: Ablenkung eliminieren. Eine Hinwendung zum Mönchstum gewissermaßen, bei der Verzicht zu Fokussierung und Tiefgang führt. Ohne störende Ablenkungen steigern wir unsere Konzentrationsfähigkeit und erhöhen unsere Produktivität. Und das bei weit weniger Zeitaufwand. Cal Newport selbst verzichtet übrigens auf jegliche Soziale Netzwerke sowie eine private Mailadresse.
# 2: Konzentriertes Arbeiten einplanen
Cal Newport beschreibt Deep Work als etwas, das man einplanen muss, weil es sonst nicht passiert. Dem konzentrierten Arbeiten soll im Kalender gebührend Platz eingeräumt werden. Innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens gilt es, jegliche Ablenkung zu eliminieren. Ob Deep Work ein in regelmäßigen Abständen wiederkehrender Fixtermin ist oder aber gleich für mehrere Tage beziehungsweise Wochen geblockt stattfindet, ist sowohl von den Lebensumständen als auch vom Arbeitsauftrag abhängig.
# 3: Rituale schaffen
Konzentration ist harte Arbeit und harte Arbeit versuchen wir (oftmals unbewusst) zu umgehen. Cal Newport plädiert deshalb dafür, Rituale zu schaffen, die Deep Work einleiten. Auf diese Weise entsteht eine positive Verbindung. Solche Rituale können beispielsweise eine Tasse Tee oder ein Spaziergang sein, ehe man mit dem hochkonzentrierten Arbeiten anfängt.
# 4: Regeneration Raum geben
Cal Newport vergleicht das Gehirn mit einem Muskel. Verlangen wir ihm mit Deep Work vollste Konzentration ab, müssen wir anschließend auch für seine Regeneration sorgen. Nur so ist Deep Work auf Dauer gut möglich. In der Praxis bedeutet das: Auf Phasen des konzentrierten Arbeitens folgen als Ausgleich Freizeit und Entspannung.
Ist Deep Work nach Cal Newport alltagstauglich?
Zweifelsohne ist Cal Newports Konzept spannend, zwingt es uns doch zu einer Auseinandersetzung mit Ablenkungen im Berufsalltag und deren Auswirkungen auf unsere Konzentration und Produktivität. Wer wünscht sich beruflich nicht mehr Tiefgang und bessere Ergebnisse in kürzerer Zeit?
Vielleicht mag Newports Ansatz einer Arbeitsrealität im Großraumbüro nicht zur Gänze standhalten, sehr wohl aber lassen sich einzelne Aspekte umsetzen. Indem man nämlich bei sich selbst ansetzt und – soweit möglich – Ablenkungen zumindest temporär verbannt. Das ist oftmals mit wenig Aufwand gut möglich.
In mancherlei Hinsicht hält Cal Newport uns einen Spiegel vor und zeigt auf, wo der Schuh drückt: Wir haben verlernt, uns zu fokussieren und das kann auf Dauer krank machen. Anstatt unsere Lebensrealität auf die richtige Work-Life-Balance hin auszurichten – also Phasen konzentrierter Arbeit sowie Entspannung abzuwechseln – machen wir alles zugleich und bleiben dabei oberflächlich. Planen wir Deep Work sowie Regeneration bewusst in unseren Alltag ein, kann das einer guten Work-Life-Balance nur zuträglich sein. Und das wiederum stärkt unsere mentale Gesundheit.
Ablenkungen bei der Arbeit vermeiden: Tipps und Tricks
Zum Abschluss möchten wir Ihnen einige konkrete Tipps mit auf den Weg geben, wie Sie Ablenkung bei der Arbeit im Handumdrehen ausschalten und auf diese Weise in Ihr ganz persönliches konzentriertes Arbeiten finden:
- Smartphone verbannen
- Offline-Zeit einplanen
- Berufliches nicht mit Privatem vermischen
- auf musikalische Berieselung verzichten
- Mails nur ein bis zwei Mal am Tag geblockt beantworten
- möglichst früh zu arbeiten beginnen, dann ist noch nicht so viel los
- Signaltöne und Pop-up-Funktionen ausschalten
- Möglichkeiten zum Rückzug nutzen
- „Bitte nicht stören“-Schild aufhängen
- auf Multitasking verzichten
- für einen aufgeräumten Schreibtisch sorgen
- persönliche Deadlines setzen
- auf Regenerationsphasen achten
- ausreichend Schlaf und gesunde Ernährung im Fokus behalten
- Konzentrationsübungen oder Meditation anwenden
- Phasen des konzentrierten Arbeitens bewusst einplanen
Bereits die Umsetzung einzelner Punkte kann dabei schon zu einer Verbesserung der persönlichen Arbeitssituation und zu mehr Zufriedenheit führen. Nur los – fangen Sie am besten gleich an.