Yoga: Trainieren und (Durch)Atmen
Immer mehr Menschen schätzen Yoga als Ausgleich zum stressigen Alltag: Es hält fit, ist abwechslungsreich und unkompliziert überall durchzuführen.
Alles, was Sie dazu brauchen, sind bequeme Kleidung sowie eine rutschfeste (Yoga-)Matte. Anfänger starten am besten in einem Yoga-Kurs. Zwar gibt es zahlreiche kostenfreie Internet-Seiten oder Videos. Doch Neulinge profitieren von individuellen Übungen für Anfänger inklusive auf sie zugeschnittener Erklärungen und Tipps.
Viele Krankenkassen bezuschussen Yoga-Kurse – erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse, welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen. Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit – Yoga macht fit. Doch die Grundlage von Yoga ist das Streben nach Einheit von Körper und Geist. Die meisten Yogis schätzen diese innere Balance und die spirituelle Ebene, die sich in den Übungen spiegelt.
Die Basis: Hatha-Yoga
Hatha-Yoga ist die in Deutschland wohl am häufigsten durchgeführte Yoga-Praxis: Wer sich in der Volkshochschule oder dem Fitness-Studio für einen Yoga-Kurs ohne weitere Beschreibung anmeldet, kann davon ausgehen, Hatha-Yoga zu lernen. Das Wort „Hatha“ stammt wie die meisten Bezeichnungen rund um Yoga aus dem Sanskrit. Es bedeutet so viel wie „Kraft“ oder „Hartnäckigkeit“. Gleichzeitig steht „Ha“ für die Sonne, die Silbe „-tha“ für den Mond. Sonne und Mond bringen zum Ausdruck, dass es beim Hatha-Yoga darum geht, Gegensätze zu vereinen und so die Balance zu finden. Hatha-Yoga ist über 2.000 Jahre alt und besteht aus der Kombination von Körperstellungen (Asanas), Atemübungen (Pranayamas) und Meditation. Hatha-Yoga eignet sich grundsätzlich für jeden Interessierten. In größeren Städten gibt es oft Hatha-Yoga-Angebote für spezielle Bedürfnisse, beispielsweise für Schwangere oder für Menschen mit Rückenproblemen.
Wichtig ist immer, im eigenen Tempo vorzugehen und nur das zu machen, was der Körper leisten kann. Dabei geht es nicht um „höher, besser, schneller, weiter“, sondern darum, die Übungen im Einklang mit den eigenen Fähigkeiten zu erleben. Dennoch ist Hatha-Yoga fordernd und stärkt insbesondere Kraft, Beweglichkeit sowie Balance.
Dieser Stil ist die Basis vieler anderer Yoga-Techniken, von denen wir Ihnen im Folgenden einige vorstellen. In manchen Fitness-Studios sind die Grenzen fließend: Allgemeine Kurse beinhalten teilweise Yoga-Übungen aus verschiedenen Stilen, die sich aus Hatha-Yoga entwickelt haben.
Körperbetont und lebensbejahend: Anusara-Yoga
Dieser erst rund zwei Jahrzehnte junge Yoga-Stil geht auf den Amerikaner John Friend zurück. „Anusara“ bedeutet „mit Anmut fließen“ und kombiniert körperliche mit spirituellen Elementen. Friend legte Wert auf die biomechanischen Vorgänge in jedem Körper und bezog Spirituelles in Form einer „Philosophie der Herzöffnung“ ein. Im Anusara-Yoga hat das genaue Durchführen der Asanas unter exakter Anleitung einen hohen Stellenwert. Philosophische und lebensbejahende Einflüsse aus dem Tantra bilden den Rahmen der Übungen. Vor Anusara-Stunden lassen die Praktizierenden sich auf jeweils ein bestimmtes Thema, das Anusara-Mantra, ein. Die folgenden Asanas sind dann diesem Mantra gewidmet.
Anusara-Yoga eignet sich gut für Anfänger, da Wert auf die genaue Durchführung der Haltungen gelegt wird. Wer offen für die spirituelle Ebene ist und gleichzeitig Wert auf korrekt angeleitete Asanas legt, kann mit Anusara-Yoga bereichernde Erfahrungen sammeln.
Alles im Fluss: Vinyasa-Yoga
Besonders wichtig beim Vinyasa-Yoga sind die fließenden Bewegungen bei gleichbleibender Atmung. Der Wechsel von Asana zu Asana dauert einen Atemzug. Vinyasa-Yogis erlernen hierfür eine spezielle Atemtechnik namens Ujjayi-Pranayama. Sie erinnert an Meeresrauschen und hilft dabei den Körper ins Gleichgewicht zu bringen. Sie stärkt nicht nur die Lungen sondern beruhigt den ganzen Körper. Die Ujjayi-Pranayama Atemtechnik findet sich auch in anderen Stilen sowie in der Meditation wieder. Spricht der Yoga-Lehrer während einer Stunde von einem „Vinyasa“, so ist damit die Sequenz von Bewegungsabläufen zwischen den Asanas gemeint.
Dieser Stil ist eine Weiterentwicklung des Ashtanga-Yogas, oft werden beide Begriffe auch synonym verwendet. Allerdings sind die Bewegungsabläufe im Ashtanga weniger flexibel. Auch Power-Yoga enthält viele Elemente dieses Yoga-Stils. Vinyasa-Yoga eignet sich vor allem für Menschen, die ihre Ausdauer verbessern möchten und keinen Wert auf die spirituellen Hintergründe der Yoga-Praxis legen. Es ist allerdings von großem Vorteil, bereits Yoga-Kenntnisse gesammelt zu haben. Denn die Abfolgen sind oft in hohem Tempo durchzuführen, so dass Neueinsteiger ohne ein Gefühl für die einzelnen Asanas schnell überfordert wären.
Tänzerischer Flow: Jivamukti-Yoga
Diese Form des Yogas stammt aus den USA und hat zahlreiche prominente Anhänger. In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelten Sharon Gannon und David Life Jivamukti als weitere Abwandlung des Hatha-Yogas. Dabei verschmolzen sie die Asanas des Hatha-Yogas zu ausdrucksvollen, fließenden Bewegungsabläufen. „Jivamukti“ bedeutet „Befreiung der Seele“. Dieser Stil beinhaltet darum nicht nur rein körperliches Training, sondern bezieht die spirituelle Ebene und das Schulen des Geistes mit ein. Neben Asanas und Pranayamas geht es um Mediation (Dhyana) und Entspannung (Savasana). Hören spielt ebenfalls eine zentrale Rolle: Die Yogis rezitieren Yoga-Texte oder Mantras und praktizieren zu Musik. Zudem machen die meisten Jivamukti-Lehrer ihren Schülern die Übungen nicht vor, sondern beschreiben sie mündlich. Jivamukti eignet sich für erfahrene Yogis mit guter Kondition, die fließende Bewegungen mögen und offen für die spirituellen Hintergründe sind.
Schweißtreibend: Bikram-Yoga
Dieser Yoga-Stil ist nach dem 1946 in Kalkutta geborenen Bikram Choudhury benannt und bringt die Praktizierenden gehörig ins Schwitzen. Denn bei dieser Yoga-Technik befinden sich die Yogis in einem Raum, in dem sich die Temperatur bei hoher Luftfeuchtigkeit zwischen 35 bis 40 °C bewegt. Darum nennen manche es schlicht „Hot Yoga“. Die Basis des Bikram-Yogas bilden 26 verschiedene Asanas in Serie.
Wenn Sie Interesse an Bikram-Yoga haben, sollten Sie bereits einige Erfahrungen gesammelt haben. Nur so können Sie herausfinden, ob Sie von der zusätzlichen Wärme profitieren. Die teils nachgesagte „Entgiftung“ des Körpers durch Yoga in heißen Räumen ist nicht belegt. Bikram-Yoga eignet sich nicht für Menschen mit Herz-Kreislauf-Störungen und sollte auch bei zu hohem oder niedrigem Blutdruck nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. Wer bei hohen Temperaturen Sport macht, sollte auf ausreichend Flüssigkeit und seinen Elektrolythaushalt achten.
Wohlfühlfaktor Yoga: der richtige Weg
Sie sind unentschlossen, welche Yoga-Form für Sie richtig ist? Besuchen Sie am besten einen Hatha-Yoga-Kurs, um die Grundlagen zu lernen. Oft geben Lehrer allgemeiner Kurse Einblicke in verschiedene Stile. Lassen Sie die Erfahrung auf sich wirken und praktizieren Sie zwischen den Übungseinheiten zuhause Yoga, wann immer Sie Zeit und Lust dazu haben. Probieren Sie beispielsweise aus, wie sich der Start in den Tag mit einigen aktivierenden Sonnengrüßen anfühlt. Abends können Sie entspannende Yoga-Asanas durchführen.
Auch während der Stunden mit einem Lehrer gilt: Spüren Sie, was Ihnen und Ihrem Körper guttut und handeln Sie danach. Das bedeutet auch, eigene Grenzen wahrzunehmen: Der Schulterstand fühlt sich nicht gut an? Lassen Sie ihn aus! Ein guter Yoga-Lehrer wird Ihnen eine alternative Übung nennen. Denn beim Yoga geht es vor allem um Ihre persönliche innere Balance. Zuviel Ehrgeiz kann zudem zu Verletzungen führen. Wer seinen Körper bewusst wahrnimmt, kann mit Yoga nicht nur einen Ausgleich zum stressigen Alltag schaffen, sondern fitter werden: Die Übungen stärken je nach Yoga-Stil Balance, Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer.
In diesem Sinne: Namasté – und viel Freude beim Sammeln Ihrer persönlichen Yoga-Erfahrungen!