Anti-Müller-Hormon bei Kinderwunsch

Anhand des Anti-Müller-Hormons lässt sich feststellen, wie viele Eizellen eine geschlechtsreife Frau produziert. Dementsprechend ist der AMH-Wert besonders bei Kinderwunsch beziehungsweise in der Reproduktionsmedizin anzusiedeln. Doch auch während der Schwangerschaft übernimmt das Hormon wichtige Aufgaben.

Folgender Beitrag soll über das das Thema informieren und aufzeigen, welche Aussagekraft der AMH-Wert tatsächlich hat. Vor allem seine Rolle bei akutem Kinderwunsch soll dabei im Fokus stehen.

Was ist das Anti-Müller-Hormon?

Das Anti-Müller-Hormon (AMH) ist häufig dann im Gespräch, wenn es um Fruchtbarkeit und (unerfüllten) Kinderwunsch geht. Doch auch in anderem Kontext ist es relevant. AMH wird von den sogenannten Granulosazellen in den Follikeln in den Eierstöcken produziert. Da die Konzentration des Hormons ein Indikator dafür ist, wie viele Eizellen vorhanden sind, scheint es nicht weiter verwunderlich, dass das Anti-Müller-Hormon eng mit Fragen der Familienplanung verbunden ist. Dabei darf man allerdings nicht außer Acht lassen, dass es nicht die einzige Variable ist, die es in Bezug auf Fruchtbarkeit zu berücksichtigen gilt.

Der Wert des Anti-Müller-Hormons im Blut wird auch gerne als ovarielle Reserve beziehungsweise ovarielle Funktionsreserve bezeichnet. Die Konzentration des Hormons korreliert mit der Anzahl reifungsfähiger Follikel in den Eierstöcken. Auch das Wachstum der Follikel selbst wird unter anderem durch AMH gesteuert. Der AMH-Wert im Blut ist nicht nur ein individueller Faktor, er nimmt im Laufe des Lebens – zu den Wechseljahren hin – außerdem ab.

Wie wird der AMH-Wert gemessen?

Die Konzentration des Anti-Müller-Hormons wird im Blut gemessen. Anhand von definierten Referenzwerten kann so auf die ovarielle Funktion geschlossen werden. Bei fruchtbaren Frauen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren gilt ein Wert von 1-5 ng/ml als normal. Bei Werten unter 1 ng/ml wird von einer eingeschränkten ovariellen Funktion ausgegangen, was in Bezug auf Kinderwunsch beziehungsweise einer allfälligen Kinderwunschbehandlung von Bedeutung ist.

Der AMH-Wert ist zwar nicht völlig unabhängig vom Zyklus, weist aber eine recht geringe Schwankungsbreite auf. Daher wird er in der Regel auch unabhängig vom Zyklustag gemessen. Hinter zu hohen beziehungsweise zu niedrigen Werten können durchaus auch Erkrankungen stecken. Dazu nachfolgend mehr.

In welchen Lebensphasen ist das Anti-Müller-Hormon von Bedeutung?

Nachdem die Konzentration des Anti-Müller-Hormons Aufschluss über die Ovarreserve gibt, hat sie naheliegenderweise Bedeutung in Bezug auf Familienplanung, Kinderwunsch sowie Kinderwunschbehandlung. In diesem Zusammenhang ist der AMH-Wert auch bei Zyklusstörungen und im Hinblick auf das Eintreten der Wechseljahre (auch verfrüht) relevant.

Unabhängig davon spielt das Anti-Müller-Hormon aber schon viel früher eine wichtige Rolle, nämlich im Zuge der Embryonalentwicklung. So nimmt es im ersten Schwangerschaftsdrittel Einfluss auf die Differenzierung der Geschlechtsorgane. Bei der Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane ist AMH beteiligt. Fehlt dieses, bilden sich weibliche Geschlechtsorgane aus.

Was sagt der AMH-Wert über die Fruchtbarkeit aus?

Der AMH-Wert ist – wie bereits beschrieben – bei Kinderwunsch relevant. Vor allem im Hinblick auf einen unerfüllten Kinderwunsch beziehungsweise das Ticken der biologischen Uhr spielt er eine Rolle. Werte zwischen 1 und 5 ng/ml werden bis zum Alter von 30 Jahren als normale Fertilität bezeichnet. Ab dem 31. Lebensjahr sinkt der Wert recht deutlich ab. Bei einem niedrigen AMH-Wert (unter 1 ng/ml) geht man davon aus, dass die Menge stimulierbarer Eibläschen reduziert ist. In Bezug auf die Fruchtbarkeit könnten sich somit funktionelle Einschränkungen ergeben. In diesem Zusammenhang ist es aber wichtig hervorzuheben, dass der AMH-Wert nicht der einzige Indikator für Fruchtbarkeit ist.

Wann wird der AMH-Wert am besten erhoben?

Der Anti-Müller-Hormon-Test ist eine Blutuntersuchung. Grundsätzlich ist diese an jedem Zyklustag möglich, da der Wert kaum Schwankungen unterworfen ist. Es muss aber bedacht werden, dass niedrige AMH-Werte aufgrund von Nikotinkonsum oder hormoneller Verhütung theoretisch möglich sind. Zudem darf nicht vergessen werden, dass im Zusammenhang mit dem Kinderwunsch beziehungsweise einer Kinderwunschbehandlung andere wichtige Parameter – etwa FSH, Östradiol oder Inhibin B – sehr wohl zyklusabhängig gemessen werden müssen.

An dieser Stelle ist es außerdem wichtig festzuhalten, dass gesunden Frauen im gebärfähigen Alter von einer Bestimmung der AMH-Konzentration eher abgeraten wird. Immerhin können niedrige Werte stark verunsichern, obwohl sie – nur für sich genommen – nichts über die Qualität der Eizellen beziehungsweise die generelle Fruchtbarkeit aussagen. Deshalb macht die Bestimmung des Anti-Müller-Hormons im Blut grundsätzlich erst bei unerfülltem Kinderwunsch, Störungen des Zyklus oder im Zuge einer Kinderwunschbehandlung Sinn.

Anti-Müller-Hormon: Normwerte und Referenzwerte im Überblick

Normale Fertilität: 1-5 ng/ml (in manchen Quellen auch bis 8 angegeben)

Eingeschränkte Fertilität: 0,4-1 ng/ml

Stark eingeschränkte Fertilität/Menopause: weniger als 0,4 ng/ml

Verdacht auf PCO-Syndrom: mehr als 5 ng/ml (in manchen Quellen ab 8 angegeben)

Wodurch wird der AMH-Wert beeinflusst?

Der Spiegel des Anti-Müller-Hormons im Blut ist im Grunde kaum Schwankungen unterworfen. Es gibt jedoch Faktoren, die ihn sehr wohl beeinflussen können. Neben Alter, Rauchen und hormonellen Verhütungsmethoden, nimmt auch die Hormonstörung POCS Einfluss auf die Konzentration von AMH.

Beim Polyzystischen Ovarsyndrom (PCOS), das oftmals mit unerfülltem Kinderwunsch einhergeht, sieht man im Ultraschall häufig eine perlschnurartige Aufreihung von Eibläschen. Liegt die hormonelle Störung vor, ist nicht selten auch die AMH-Konzentration erhöht. Werte weit über 5 ng/ml sind dann keine Seltenheit. Allerdings darf hier angemerkt werden, dass es nicht zwingend zu einer Korrelation kommen muss. So kann das Polyzystische Ovarsyndrom auch vorliegen, wenn die AMH-Werte unauffällig sind.

Alter, Rauchen sowie hormonelle Verhütung können den AMH-Wert nachweislich senken. So nimmt mit steigendem Alter die Fruchtbarkeit ab. Die Konzentration des Anti-Müller-Hormons im Blut sinkt. Das ist grundsätzlich ein individueller Prozess, wobei der AMH-Wert ab einem Alter von 30 Jahren bis hin zur Menopause durchaus drastisch sinkt. Auch Nikotin vermag die Konzentration von AMH im Blut zu senken. Dabei ist es übrigens nicht relevant, wie viele Zigaretten pro Tag konsumiert werden. Nicht zuletzt kann hormonelle Verhütung den AMH-Wert beeinflussen. So ist bei Einnahme der Pille über längeren Zeitraum etwa eine Reduktion von bis zu 30 % möglich.

Weitere Informationen zum PCO-Syndrom

Wir verändert sich der Wert des Anti-Müller-Hormons im Laufe der Zeit?

Die Konzentration des Anti-Müller-Hormons ist vom Faktor Zeit abhängig. Im Laufe des Lebens sinkt der Wert ab – erst nur leicht, dann stärker. Ab einem Alter von etwa 30 Jahren fällt die Konzentration recht deutlich ab. An dieser Stelle muss jedoch betont werden, dass der AMH-Wert lediglich Auskunft über die Anzahl stimulierbarer Follikel gibt, über die Eizellenqualität selbst sagt er nichts aus. Auch andere Faktoren, die für eine Schwangerschaft relevant sind, lassen sich anhand des AMH-Werts nicht interpretieren. Damit bietet der AMH-Wert als Referenzwert lediglich Orientierung, seine Aussagekraft ist begrenzt.

Schließt ein niedriger AMH-Wert eine Schwangerschaft aus?

Die Konzentration des Anti-Müller-Hormons im Blut kann gewissermaßen eine Einschätzung über die vorhandene Eizellenreserve liefern und so Orientierung bieten. Damit darf diese Blutuntersuchung keinesfalls als valider Test der Fruchtbarkeit missverstanden werden. Immerhin wird weder eine Aussage über die Qualität der Eizellen getroffen, noch werden andere Parameter erhoben, die für das Gelingen einer Schwangerschaft ebenso wichtig sind – etwa die Spermienqualität oder Durchgängigkeit der Eileiter.

Wird der AMH-Wert ohne triftigen Grund – etwa Zyklusstörungen oder ein unerfüllter Kinderwunsch – erhoben, ist in Bezug auf dessen Interpretation also Vorsicht geboten. Das Risiko, dass Ergebnisse falsch gedeutet werden und Verunsicherung hervorrufen, ist recht hoch. Das Eintreten einer Schwangerschaft ist eben stets vom Zusammenspiel mehrerer Faktoren abhängig.

Kinderwunsch: nicht nur Anti-Müller-Hormon von Bedeutung

Die Fruchtbarkeit hängt von vielen Faktoren ab – Alter, Zyklusverlauf, Anzahl und Qualität von Eizellen, Spermienqualität sowie der Durchgängigkeit der Eileiter etwa. Neben dem Anti-Müller-Hormon dürfen weitere wichtige Hormone nicht vergessen werden, allen voran FSH und Östradiol. Deren Konzentration gilt ebenfalls als Referenz für die Eizellenreserve. Auch eine Ultraschalluntersuchung kann hier Aufschluss geben, da die Follikel im Eierstock gut abgebildet werden können.

Eine geringe oder nicht nachweisbare AMH-Konzentration im Blut bedeutet übrigens nicht zwingend, dass tatsächlich kaum/keine stimulierbaren Follikel vorhanden sind. Es ist bloß ein Indikator, nicht mehr und nicht weniger. Sehr wohl kann Anti-Müller-Hormon unter der Nachweisgrenze vorhanden sein.

Lässt sich der AMH-Wert verbessern?

Der Alterungsprozess (und damit auch das Absinken des AMH-Werts) lässt sich nicht verhindern. Fruchtbarkeit ist eben altersabhängig. So mag es zwar Möglichkeiten geben, das Absinken des Anti-Müller-Hormons im Blut zu verlangsamen, diese sind aber eher begrenzt.

Was sich prinzipiell positiv auf die AMH-Werte auswirkt, ist der Verzicht auf Nikotin. Bei potentiellem Kinderwunsch kann man zudem recht zeitnah hormonelle Verhütungsmethoden absetzen. Vor allem, wenn deren Einnahme über längeren Zeitraum erfolgte, ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass sich die AMH-Werte verbessern. Aktuell wird zudem über den Einfluss von Vitamin D sowie Dehydroepiandrosteron (DHEA), ein verschreibungspflichtiges Stereoidhormon, diskutiert. Gerade bei letzterem gilt es jedoch, Nutzen und Risiko sorgfältig gegeneinander abzuwägen.