CRPS – das komplexe regionale Schmerzsyndrom

Beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS), veraltet auch Morbus Sudeck, kommt es zu anhaltenden und unverhältnismäßig starken Schmerzen nach einem Trauma oder einer Operation. Neben dem Schmerz und damit einhergehenden körperlichen Einschränkungen treten auch eine Vielzahl anderer Beschwerden auf. Die breitgefächerte Symptomatik mag mit ein Grund dafür sein, dass CRPS oftmals erst recht spät erkannt wird. Dabei sind eine zeitnahe Diagnose sowie das rasche Einleiten der passenden Therapie wesentlich, um einer Chronifizierung vorzubeugen.

Was ist das komplexe regionale Schmerzsyndrom?

Beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom – kurz CRPS (engl.: complex regional pain syndrome) – handelt es sich um ein neuropathisches Schmerzsyndrom. Obwohl veraltet, ist für das komplexe regionale Schmerzsyndrom vom Typ 1 auch noch die Bezeichnung Morbus Sudeck oder Sudeck Syndrom geläufig. Betroffen sind die oberen und unteren Extremitäten, also Arme oder Beine. Zwar tritt CRPS selten auch ohne offensichtliche Vorgeschichte auf, in der Regel entwickelt es sich aber nach Verletzungen oder Operationen. Exakte Ursachen für das neuropathische Schmerzsyndrom lassen sich bisher nicht ausmachen, man muss von einem multifaktoriellen Geschehen ausgehen. Auch die Symptomatik ist durchaus breit gefächert.

Wie äußert sich CRPS?

Das komplexe regionale Schmerzsyndrom zeigt sich in ganz unterschiedlichem Gewand. Entzündliche Prozesse, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Kraftverlust sowie Sensibilitätsstörungen – all das kann bei CRPS auftreten. Über kurz oder lang wirkt sich das natürlich auch auf die psychische Befindlichkeit aus. Die Ausprägung der Symptome ist übrigens nicht von der Schwere der ursprünglichen Verletzung oder des operativen Eingriffes abhängig.

Am Beginn steht in der Regel ein entzündlicher Prozess, dem keine tatsächliche Infektion zugrunde liegt. Mit diesem gehen Rötungen, Schwellungen, Durchblutungsstörungen und folgend auch eine Überwärmung oder Unterkühlung der Haut einher. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sowie Sensibilitätsstörungen treten in dieser ersten Phase in den Vordergrund. Sie stehen in keinem Verhältnis zum üblichen Heilungsprozess und werden von Betroffenen als sehr stark und belastend beschrieben.

Schmerzen treten in Ruhestellung auf, verstärken sich bei Bewegung aber häufig. Bei vielen Betroffenen sind sie permanent vorhanden, doch auch Schwankungen sind üblich. Äußere Faktoren wie Berührungen sowie warme oder kalte Temperaturen verstärken die Beschwerden. Neben Störungen der Sensibilität und Funktionseinschränkungen kommen auch Zittern und vermehrtes Schwitzen vor. Im Laufe der Zeit büßen Muskeln, Knochen und Gelenke an Kraft und Substanz ein. Viele CRPS-Patienten berichten davon, dass sich der betroffene Körperteil fremd anfühle. Auch Haar- und Nagelwachstum können verändert sein.

CRPS: Symptome im Überblick

  • Schmerzen
  • Entzündliche Reaktionen
  • Schwellungen/Ödeme
  • Durchblutungsstörungen
  • Änderungen der Temperatur/Farbe der Haut
  • Krafteinbußen
  • Eingeschränkte Beweglichkeit/Versteifung
  • Muskelschwund
  • Sensibilitätsstörungen
  • Schwitzen/Zittern
  • Störungen in der Körperwahrnehmung
  • Verändertes Wachstum von Nägeln und Haaren
  • Psychische Symptome (Rückzug, Niedergeschlagenheit, Depression,…)

CRPS: Häufigkeitund Risikogruppen

Etwa 2-5 % aller Patienten entwickeln nach einem Trauma an den Extremitäten beziehungsweise nach operativen Eingriffen ein komplexes regionales Schmerzsyndrom. Besonders häufig sind Personen zwischen 40 und 60 Jahren betroffen, grundsätzlich kann CRPS aber in jedem Alter auftreten. Frauen leiden Schätzungen zufolge etwa dreimal so oft an dieser Art des Schmerzsyndroms wie Männer. Auch tritt CRPS häufiger an den Händen als an den Füßen auf. Exakte Ursachen liegen noch im Dunkeln, man kann jedoch von einem multifaktoriellen Geschehen ausgehen. Wird das komplexe regionale Schmerzsyndrom frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt, ist die Prognose durchaus gut.

Ursachen für das komplexe regionale Schmerzsyndrom

Warum genau es zur Ausbildung eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms kommt, ist bisher noch nicht zur Gänze geklärt. Allein aufgrund der vielfältigen Symptomatik und der bisherigen Erkenntnisse kann man aber von einem multifaktoriellen Geschehen ausgehen. Entzündliche sowie neurogene Prozesse stehen ebenso im Verdacht CRPS auszulösen, wie ein gestörter Heilungsverlauf oder psychische Problemlagen wie etwa Depressionen oder Angststörungen.

Auch vermutet man, dass Risikofaktoren wie etwa Brüche nahe am Gelenk, Komplikationen beim Einrenken von Gelenken sowie einengende Versorgung (Gips, Verband oder Schiene) Einfluss auf die Entwicklung eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms nehmen.

Verdacht auf CRPS: Wann zum Arzt?

Treten nach Traumata und/oder Operationen übermäßig starke Schmerzen auf, oder scheint einem der Heilungsverlauf schleppend, ist das immer ärztlich abzuklären. Erster Ansprechpartner ist der behandelnde (Fach-)Arzt, in vielen Fällen der Orthopäde oder Chirurg. Wird das komplexe regionale Schmerzsyndrom zeitnah diagnostiziert, wirkt sich das entsprechend positiv auf die Prognose aus. Mit passenden Therapiemöglichkeiten gehören die Missempfindungen an Armen oder Beinen dann rasch der Vergangenheit an.

Wie wird das komplexe regionale Schmerzsyndrom diagnostiziert?

Viele Patienten haben einen langen Leidensweg hinter sich, bevor Morbus Sudeck schlussendlich diagnostiziert wird. Aufgrund der breitgefächerten Symptomatik liegt CRPS nicht immer gleich nahe. Treten die Beschwerden an den Extremitäten aber in zeitlichem Zusammenhang mit Verletzungen oder Operationen auf, sollte man das komplexe regionale Schmerzsyndrom grundsätzlich in Erwägung ziehen.

Die Diagnose selbst wird klinisch gestellt, sofern typische Symptome auftreten, die sich nicht anders erklären lassen. Es handelt sich also um eine Ausschlussdiagnose. Abgrenzen muss man CRPS etwa von Knochen- oder Weichteilinfektionen, Thrombosen, rheumatischen Erkrankungen oder einem Gefäßverschluss. Bildgebende Verfahren wie Röntgen, Szintigraphie oder MRT sind zur Diagnosestellung nicht zwingend notwendig. Sie können aber durchaus Anwendung finden, um andere Erkrankungen auszuschließen.

Welche Stadien lassen sich bei CRPS unterteilen?

Bei CRPS lassen sich zwei verschiedene Typen sowie drei Stadien unterscheiden:

Komplexes regionales Schmerzsyndrom Typ 1: Bei CRPS I ist keine direkte Nervenschädigung vorhanden. Man kennt es auch unter dem veralteten Begriff Morbus Sudeck oder Sudeck Syndrom. Der überwiegende Anteil aller CRPS-Fälle – etwa 90 % – ist vom Typ 1.

Komplexes regionales Schmerzsyndrom Typ 2: Bei CRPS II ist eine Nervenschädigung vorhanden, etwa nach Brüchen oder größeren operativen Eingriffen. Man bezeichnet das komplexe regionale Schmerzsyndrom vom Typ 2 auch als Kausalgie. Etwa 10 % aller CRPS-Fälle entfallen auf Typ 2.

Angelehnt an den Namensgeber, den Chirurgen Paul Sudeck, teilt man CRPS noch heute gerne in drei verschiedene Phasen ein. Allerdings muss betont werden, dass sich die Symptome in ihrer Vielfältigkeit kaum in einen starren phasenhaften Verlauf pressen lassen. Übergänge sind durchaus fließend. Einen gewissen Überblick verschafft die Einteilung aber dennoch.

CRPS Stadium 1(entzündliches Stadium): Es zeigen sich Beschwerden, die jenen einer akuten Infektion ähnlich sind, also etwa Rötungen, Schwellungen, akutes Schmerzgeschehen sowie Überwärmung. Die Funktion kann zudem eingeschränkt sein.

CRPS Stadium 2 (dystrophes Stadium): Die Schmerzen gehen zurück, es kommt mitunter zur Blässe und verringerten Körpertemperatur im Vergleich zur nicht betroffenen Seite. Versteifung und Muskelabbau können stattfinden. Auch Entkalkungen im Knochen kann man beobachten.

CRPS Stadium 3 (atrophes Stadium): Das Schmerzgeschehen ist in diesem Stadium vernachlässigbar. Muskulatur und Bindegewebestrukturen sind deutlich verringert, die Funktion ist bereits spürbar eingeschränkt.

Wie wird das komplexe regionale Schmerzsyndrom behandelt?

Nachdem exakte Gründe für CRPS nicht bekannt sind, lässt sich das Schmerzsyndrom nicht ursächlich behandeln. Somit steht eine symptomatische Therapie, um Schmerzfreiheit zu erreichen und die ursprüngliche Funktion der betroffenen Extremität so gut wie möglich wieder herzustellen, im Zentrum. Aufgrund der Vielfalt der Beschwerden erweist sich die Behandlung von CRPS als durchaus komplex. Verschiedene Fachkräfte – etwa Mediziner, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten sowie Psychotherapeuten – arbeiten eng zusammen, was entsprechender Erfahrung bedarf.

Die Säulen der CRPS-Therapie sind medikamentöse Behandlung, Physio- sowie Ergotherapie, bei Bedarf Psychotherapie sowie – in schweren Fällen – auch interventionelle Therapiemaßnahmen wie etwa Elektrostimulation.

Im Zuge der medikamentösen Therapie werden Arzneien gegen entzündliche Prozesse sowie chronische Schmerzen verschrieben. Die Bandbreite reicht von Steroiden über Bisphosphonate sowie Antikonvulsiva bis hin zu Opioiden oder Ketamin. Ebenso ist die Therapie mit Kortison Standard. Liegt eine psychische Grunderkrankung vor, ist es sinnvoll, gegebenenfalls eine zeitweilige medikamentöse Therapie anzudenken.

Parallel zur medikamentösen Behandlung sind Physio- sowie Ergotherapie notwendig, um langfristige Besserung zu erreichen. Eine Ruhigstellung der betroffenen Gliedmaßen würde die Beschwerden nur verstärken und damit die Prognose verschlechtern. Mit den richtigen Übungen kann man viel erreichen und verbessert mit der Zeit Kraft und Beweglichkeit. Dazu ist es aber notwendig, in der Therapie erlernte Übungen auch regelmäßig daheim durchzuführen.

Liegt eine psychische Grunderkrankung vor beziehungsweise gehen mit den körperlichen Symptomen auch seelische Beschwerden einher – was bei CRPS oftmals der Fall ist – macht zudem eine Psychotherapie Sinn. Die Auswirkung chronischer Schmerzen auf die Psyche ist nämlich nicht zu unterschätzen. Hilflosigkeit, Angst, Wut oder depressive Verstimmung sind häufige Begleiterscheinungen. Ehe man es sich versieht, steckt man in einem Teufelskreis fest. Rechtzeitig gegenzusteuern macht also Sinn.

CRPS: Behandlungsmethoden im Überblick

  • Medikamentöse Behandlung
  • Physiotherapie
  • Ergotherapie
  • Psychotherapie
  • Interventionelle Therapie

CRPS: Verlauf und Prognose

Wie bei den meisten Erkrankungen gilt auch beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom: Je früher es diagnostiziert und behandelt wird, desto besser Verlauf und Prognose. Statistische Daten liegen zwar keine vor, man geht jedoch davon aus, dass weit mehr als die Hälfte aller Patienten wieder vollständig genesen, sofern keine ungünstigen Faktoren einwirken. Solche sind etwa eine zu spät gestellte Diagnose, falsche oder ausbleibende Therapie sowie psychische Belastungen. Die Gefahr einer Chronifizierung ist dann hoch.

Doch auch bei guten Voraussetzungen müssen CRPS-Patienten vor allem eines mitbringen: Geduld. Selbst bei zeitnaher und adäquater Therapie kann sich der Heilungsverlauf nämlich ziehen. Bis zur völligen Beschwerdefreiheit dauert es oftmals über ein Jahr.