Kreidezähne: Ursachen, Symptome und Behandlung

Kommt es bei Kindern oder Jugendlichen zu Zahnschmelzdefekten, sind häufig sogenannte Kreidezähne – in der Fachsprache auch Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) – der Grund. Hierbei handelt es sich um eine Entwicklungsstörung des Zahnes, die sich durch Veränderungen am Schmelz bemerkbar macht. Der Zahnschmelz zeigt sich weich, verfärbt und im schlimmsten Fall brüchig. Nicht nur sind Kreidezähne häufig sehr schmerzempfindlich, sie begünstigen darüber hinaus die Entstehung von Kariesproblemen.

Der Zahnschmelz und seine Funktion

Schon während der Schwangerschaft sind unsere Zähne vollständig im Kiefer angelegt. Spezielle Zellen (Ameloblasten) produzieren als Grundlage für den Zahnschmelz Proteine. Durch stetiges Einlagern von Salzen entwickeln sich diese Proteine zu Hydroxylapatit, jenem Mineral, bestehend aus Phosphat und Kalzium, das unseren Zahnschmelz härtet und widerstandsfähig macht. Dieser Prozess zieht sich bis ins vierte Lebensjahr. Danach werden alle angelegten Zähne von Zahnschmelz bedeckt und die Ameloblasten stellen ihre Tätigkeit ein.

Was sind Kreidezähne?

Bei Kreidezähnen handelt es sich um eine Entwicklungsstörung des Zahnes, die sich durch Zahnschmelzveränderungen bemerkbar macht. Der Schmelz zeigt sich weich, verfärbt und im schlimmsten Fall brüchig. Grund hierfür ist eine unzureichende Mineralisierung (Hypomineralisation). Es ist zu wenig Hydroxylapatit eingelagert, jenes Mineral, das unseren Zahnschmelz härtet. Demgegenüber sind übermäßig viel Protein und Wasser vorhanden.

Der medizinische Fachbegriff für Kreidezähne – Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) – zeigt auf, welche Zähne besonders häufig betroffen sind: So stoßen die bleibenden Molaren (Backenzähne) häufig schon mit Schmelzdefekten durch das Zahnfleisch. Auch bei den Inzisiven (Schneidezähne) zeigt sich die Entwicklungsstörung vermehrt. Grundsätzlich können aber sämtliche Zähne des kindlichen Gebisses entsprechende Anzeichen aufweisen. Seltener sind Milchzähne betroffen. (Milchmolaren-Hypomineralisation/MMH)

Leider sind Kreidezähne nicht unbedingt nur ein optisches Problem. Durch die Schmelzdefekte stellt sich oftmals eine Überempfindlichkeit gegenüber Reizen von außen ein. Auch sind betroffene Zähne insgesamt anfälliger für Karies, da Beläge hartnäckig an der rauen Zahnoberfläche haften. Bakterien haben so leichtes Spiel, was zu Entzündungen bis hin zum frühzeitigen Zahnverlust führen kann.

Kreidezähne: Daten und Fakten

Erstmalig wurde die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation in den 80er-Jahren in Schweden beschrieben. Von der Entwicklungsstörung des Zahnes sind nur Kinder betroffen. Meist zeigen sich Kreidezähne, sobald die ersten bleibenden Zähne durch das Zahnfleisch stoßen. Seltener kann auch das Milchgebiss betroffen sein. Wenngleich die Schmelzdefekte besonders häufig an den Backen- und Schneidezähnen auftreten, kann im Prinzip jeder Zahn eine solche Hypomineralisation aufweisen.

Dass die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation von Fachleuten gerne als „neue Volkskrankheit“ bezeichnet wird, ist kein Zufall. Mittlerweile stellen Kreidezähne im kindlichen Gebiss nämlich ein weitaus größeres Problem als Karies dar. Vorbeugen kann man nicht, die Schäden sind bereits mit dem Durchbrechen des Zahnes vorhanden. Deutschlandweit sind etwa 10-15 Prozent aller Grundschulkinder betroffen. Bei den 12-jährigen sind es sogar knapp 30 Prozent. Die hohen Fallzahlen sagen allerdings wenig über den Schweregrad der Erkrankung aus. Bei vielen Kindern sind nur vereinzelte Zähne in Form von Verfärbungen betroffen. Schwere Schmelzdefekte bis hin zum Zahnverlust treten hingegen seltener auf.

Das Phänomen Kreidezähne gilt zwar als relativ neuartig, man kann jedoch davon ausgehen, dass es entsprechende Zahnveränderungen auch in der Vergangenheit schon gegeben haben muss. Eventuell wurden deutliche Schmelzdefekte aber für Karies gehalten beziehungsweise in weiterer Folge von Karies überlagert. Dennoch verweisen Zahnärzte darauf, dass die Problematik von Kreidezähnen in unseren Breiten stetig zunimmt.

Was erschwerend hinzukommt: Kreidezähne lassen sich nicht vorbeugen und sind aktuell unheilbar. Ihre Ursache ist nicht hinreichend geklärt, ein multifaktorielles Geschehen wahrscheinlich. Fest steht jedoch, dass die Entwicklungsstörung irgendwann zwischen dem achten Schwangerschaftsmonat und dem vierten Lebensjahr auftreten muss. In dieser Zeitspanne bildet sich nämlich der Zahnschmelz in seiner Grundstruktur.

Wie erkennt man Kreidezähne bei Kindern?

Kreidezähne machen mit einer Bandbreite von verschiedenen Symptomen auf sich aufmerksam, je nach Schweregrad und Ausprägung der Zahnerkrankung. Vor allem bei leichten Formen ist es wichtig, genau hinzusehen, um möglichst rasch eine Diagnose stellen zu können. Das ist für die Stabilisierung und den Erhalt betroffener Zähne wesentlich.

Erste Anzeichen für das Vorliegen einer Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation sind Verfärbungen des Zahnes. Diese sind in der Regel recht scharf begrenzt und – je nach Ausprägung – im Farbton cremig-weiß, gelblich oder bräunlich. Weiters zeigen sich oftmals Furchen am Zahn. Bei neu durchbrechenden Zähnen können ganze Stellen am Schmelz abgeplatzt sein, bei Backenzähnen sogar die typischen Höcker fehlen. Liegen schwere Ausprägungen von Schmelzdefekten vor, ist der Zahn deutlich porös und brüchig. Bakterien haben dann leichtes Spiel.

Zudem ist bei Kreidezähnen eine erhöhte Kariesanfälligkeit gegeben, da an den rauen Stellen vermehrt Beläge haften. Eine gesteigerte Schmerzempfindlichkeit betroffener Zähne bei Berührung ist ebenfalls typisches Anzeichen bei einer Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation. Zähneputzen und/oder der Konsum von heißen, kalten, süßen oder sauren Speisen und Getränken kann heftige Schmerzen verursachen. Das führt mitunter dazu, dass Kinder das Zähneputzen oder die Nahrungsaufnahme verweigern.

Bei schweren Verläufen zeigen sich betroffene Zähne mitunter auch als „ Anästhesieversager“. Eine chronische Entzündung der Zahnpulpa mindert dann die Wirkung einer Lokalanästhesie. Werden Kreidezähne nicht entsprechend geschützt und stabilisiert, kann sich in manchen Fällen sogar frühzeitiger Zahnverlust einstellen.

Kreidezähne: Symptome im Überblick

  • Verfärbungen (weißlich, gelblich oder bräunlich)
  • Furchen an der Zahnoberfläche
  • Verminderte Schmelzqualität, abgeplatzter Zahnschmelz, deutliche Defekte
  • Fehlende „Höcker“ an den Molaren
  • Poröse, bröckelnde Zähne
  • Schmerzempfindlichkeit der Zähne (heiß/kalt; süß/sauer; Zähneputzen)
  • Erhöhtes Kariesrisiko
  • Einbußen bei der Wirkung lokaler Anästhesie
  • Frühzeitiger Zahnverlust

Was ist die Ursache für MIH?

Nachdem vor allem die bleibenden Zähne direkt beim Durchbruch betroffen sind, geht man davon aus, dass Gründe für das Auftreten von Kreidezähnen irgendwo in der Entwicklungsphase zwischen dem achten Schwangerschaftsmonat und dem vierten Lebensjahr liegen müssen. In diesem Zeitraum werden die bereits im Kiefer angelegten Zähne nämlich mit Zahnschmelz bedeckt.

Konkreten Ursachen für Kreidezähne sind allerdings aktuell nicht ausreichend erforscht. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation ein relativ neues Phänomen darstellt. Im Moment geht man von einem multifaktoriellen Geschehen aus. Neben der genetischen Disposition kommen mehrere andere Gründe für das Auftreten von Kreidezähnen infrage.

Solche sind nicht nur Erkrankungen der Mutter gegen Schwangerschaftsende, sondern ebenso Komplikationen während Schwangerschaft und/oder Geburt wie etwa Sauerstoffmangel, zu geringes Gewicht oder eine Frühgeburt. Auch (Infektions-)Krankheiten – etwa Windpocken, Masern, Fieberschübe oder Asthma – des Kindes in den ersten Lebensjahren stehen im Verdacht, Kreidezähne zu begünstigen, ebenso wie die Einnahme bestimmter Medikamenten. Nicht zuletzt dürften auch Faktoren wie Vitaminmängel (vor allem Vitamin D) oder Umweltgifte (Dioxine oder BPA) eine Rolle spielen.

Weitere Informationen zum Vitamin D-Mangel

Kreidezähne: Ursachen im Überblick

  • Genetische Vorbelastung
  • Erkrankungen der Mutter im letzten Schwangerschaftsviertel
  • Komplikationen während Schwangerschaft und/oder Geburt
  • Diverse Infektionskrankheiten (Masern, Windpocken, Bronchitis,…)
  • Medikamenteneinnahme (z.B.: Antibiotika)
  • Vitamin-D-Mangel
  • Umweltgifte wie Dioxine oder BPA

Wie werden Kreidezähne diagnostiziert?

Kreidezähne lassen sich in der Regel zweifelsfrei durch Ausschlussdiagnose feststellen. Dazu müssen sämtliche Erkrankungen ausgeschlossen werden, die ebenfalls mit einer spärlichen Mineralisierung des Zahnschmelzes beziehungsweise Schmelzdefekten einhergehen. Neben Karies und Defekte durch Stürze sind das etwa genetische Erkrankungen wie Amelogenesis imperfecta oder Nebenwirkungen durch die Gabe von Tetrazyklin, einem Antibiotikum. Schmelzveränderungen können zudem auftreten, wenn Fluorid über längeren Zeitraum überdosiert wird.

Weitere Informationen zur ricgtigen Dosierung von Fluorid

Stellt der Zahnarzt die Diagnose Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, ist die folgende Behandlung nicht zuletzt vom Ausmaß der Erkrankung abhängig. Grundsätzlich lassen sich hier vier verschiedene Schweregrade unterscheiden.

Kreidezähne: Schweregrade im Überblick

Grad I: Kein Substanzdefekt, keine erhöhte Schmerzempfindlichkeit (nur Verfärbungen)

Grad II: Substanzdefekt, aber keine erhöhte Schmerzempfindlichkeit

Grad III: Kein Substanzdefekt, aber erhöhte Schmerzempfindlichkeit

Grad IV: Substanzdefekt und erhöhte Schmerzempfindlichkeit

Was kann man gegen Kreidezähne tun?

Bei Kreidezähnen ist momentan noch keine Heilung im engeren Sinne möglich. Der Fokus muss also darauf liegen, alle erdenklichen Vorkehrungen zu treffen, damit der Zahn so lange wie möglich stabil bleibt. Es geht darum, einem Fortschreiten des Schmelzdefekts und in weiterer Folge Karies und Zahnverlust vorzubeugen sowie auftretende Schmerzen zu reduzieren.

Welche Maßnahmen getroffen werden, ist nicht zuletzt von Ausprägung und Beschwerdebild der Erkrankung abhängig. Sind nur Verfärbungen ohne sonstige Symptome vorhanden, reicht es meist aus, engmaschig zu kontrollieren und Fluorid anzuwenden.

Generell reicht die Bandbreite möglicher Vorsorge von Fluoridversorgung über Versiegelungen und Abdeckungen („Sealing“) bis hin zur gründlichen Mundhygiene sowie engmaschigen Zahnarztbesuchen. Bei Defekten oder Einbrüchen im Zahnschmelz kommen Füllungen zum Einsatz. Ist die Zahnsubstanz deutlich zerstört, kann eine Teil- oder Vollkrone notwendig werden. Bei stark beeinträchtigten Backenzähnen können eventuell auch angelegte Weisheitszähne als Ersatz fungieren. Der poröse Zahn wird entfernt und der Weisheitszahn mittels kieferorthopädischer Behandlung in die Zahnreihe geschoben.

Kreidezähne: Fluorid, Mundhygiene und engmaschige Kontrolle besonders wichtig

Um Kreidezähne möglichst zu schützen und sie widerstandsfähig gegen Reize von außen zu machen, kommt Fluorid zum Einsatz. Es ist wichtig, dass das schon vor dem Zahnwechsel passiert. Am besten verwendet man fluoriertes Speisesalz und greift zusätzlich zu fluorierter Zahnpasta. Dosierungshinweise sollten aber unbedingt eingehalten werden, damit es zu keiner Überdosierung kommt. Denn auch ein Zuviel an Fluorid kann negative Auswirkungen auf den Zahnschmelz haben – hier ist es wichtig auf entsprechend dosierte Kinderzahnpasta zu achten.

Sobald die bleibenden Zähne durchgebrochen sind, kann Zahnpasta mit entsprechend höherem Fluoridgehalt verwendet werden. Ergänzend kommen fluoridhaltige Mundspüllösungen zum Einsatz. Alternativ kann einmal in der Woche mit hochdosiertem Fluorid-Gel geputzt werden. Im Rahmen einer Intensivprophylaxe ist es auch möglich, dass der Zahnarzt alle drei bis sechs Monate speziellen Fluoridlack aufträgt.

Der stetige Einsatz von Fluorid mineralisiert den Zahn, reduziert dessen Schmerzempfindlichkeit und beugt Karies vor. Sind die Zähne sehr berührungsempfindlich, können desensibilisierende Pasten für den Heimgebrauch die Beschwerden lindern.

Gründliches Zähneputzen und regelmäßige professionelle Mundhygiene sind das A&O bei Kreidezähnen. Aufgrund von Rillenbildung und abgeplatzten Stellen im Schmelz sind die Zähne nämlich besonders anfällig für Beläge und Karies. Eltern sollten daher unbedingt sorgfältig nachputzen. Bei den ersten bleibenden Backenzähnen ist es sinnvoll, deren Oberfläche quer zu putzen. Zudem ist eine engmaschige Kontrolle durch den Facharzt angezeigt. Kinder mit diagnostizierter Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation sollten den Zahnarzt demnach alle alle drei bis vier Monate aufsuchen.

Kann man Kreidezähnen vorbeugen?

Nachdem die Ursachen von Kreidezähne bisher nicht geklärt sind, ist es aktuell nicht möglich, vorzubeugen. Damit richtet sich der Fokus auf eine möglichst rasche Diagnose, um betroffene Zähne nachfolgend bestmöglich schützen und stabilisieren zu können.

Das Grundgerüst zur Behandlung einer Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation bilden demnach drei wesentliche Pfeiler: engmaschige ärztliche Kontrolle, gewissenhafte Mundhygiene sowie Einsatz von Fluorid, um die Zähne zu stärken und widerstandsfähig gegen Substanzverlust und Karies zu machen.