Immer häufiger ist in den letzten Monaten ein Begriff zu vernehmen, von dem so mancher Laie dachte, er sei nur noch in historischen Medizinbüchern zu finden. Die Rede ist von „Skabies“, zu Deutsch: Krätze. Tatsächlich ist zumindest lokal vielerorts eine steigende Anzahl von Krätze-Fällen zu beobachten. Belegt ist beispielsweise ein von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein in ihrem Bezirk zwischen 2014 und 2016 dokumentierter Anstieg von rund 200 Prozent: von 6.579 auf 19.360 Fälle. Da es jedoch nur für Gemeinschaftseinrichtungen eine Meldepflicht gibt, können wir keine verallgemeinernden Aussagen treffen. Viele Laien bringen Krätze mit fehlender Hygiene in Verbindung, so dass Betroffene sich stigmatisiert fühlen und zusätzlich unter psychischen Folgen leiden. Wir erklären, welche Symptome bei der fast vergessenen Krätze auftreten und wie sie wirksam zu bekämpfen ist.
Mikroskopisch kleine Ursache – große Wirkung: Was ist Krätze?
Bei Skabies – auch „Scabies“, „Krätze“ oder „Acarodermatitis“ – handelt es sich um eine Hauterkrankung, die durch Parasiten hervorgerufen wird. Ursache hierfür sind Krätzmilben (Sarcoptes scabiei). Die zwischen 0,2 bis 0,5 Millimeter winzigen Spinnentiere graben sich in die Oberhaut ihres Wirts ein, wo sie Eier legen und Kot absetzen. Dies führt – insbesondere in warmer Umgebung, beispielsweise nachts – zu starkem Juckreiz. So stammt die Bezeichnung „Krätze“ vom mit diesem Juckreiz einhergehenden „Kratzen“. Lesen Sie im Folgenden mehr über die Symptome der Krätze.
Krätze – Symptome und Diagnose
Weil die Krätzmilben es warm und hornhautfrei mögen, treten sie verstärkt an bestimmten Körperstellen auf. Dazu gehören die Zwischenräume der Finger und Zehen, Genitalbereich, Gesäß, Achseln und Bauchnabel sowie die Umgebung der Gelenke. Hier kommt es zu einem Ausschlag in Form von Pusteln, Bläschen und weiteren Hautreaktionen. Bei Erwachsenen ist der Kopf fast nie, bei Kindern hingegen häufig betroffen. Der derbe Spruch „Ich krieg die Krätze“ wird umgangssprachlich für besonders unangenehme Ereignisse verwendet. Ein solches ist die Krätze durch den temporär starken Juckreiz. Bei Menschen mit gesundem Immunsystem bleibt die Krankheit auf diese Symptome beschränkt. Immungeschwächte Personen können eine Scabies crustosa (auch: „Borkenkrätze“) entwickeln, die sich von der klassischen Krätze unterscheidet. Wer über juckende Hautstellen und Ausschlag unbekannter Ursache klagt, sollte einen Hautarzt aufsuchen. Denn viele Laien verwechseln Skabies-Symptome mit einem Ekzem. Mithilfe der mikroskopischen Untersuchung einer Hautprobe kann der Experte jedoch schnell eine genaue Diagnose stellen und die passende Behandlung einleiten.
Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Übertragung der Krätze:
Wie ansteckend ist Krätze?
Krätzmilben sind zum Glück nicht die schnellsten: In der Regel sind mindestens fünf Minuten Hautkontakt notwendig, bis die Plagegeister den Wirt wechseln. Von der Übertragung bis zu den ersten Symptomen dauert es allerdings vier bis fünf Wochen. Gefährdet sind vor allem Personen, die mit von Krätze Betroffenen engen Hautkontakt haben. Zu den Übertragungsmöglichkeiten zählen somit Geschlechtsverkehr, langes Kuscheln, Schlafen in einem Bett sowie das Betreuen von Kleinkindern oder Kontakt zu pflegenden Personen. Eine Ausnahme bildet die Borkenkrätze, die bereits bei einmaligem Händeschütteln ansteckend sein kann. Eine (Wieder-)Ansteckungsgefahr kann auch von gemeinsam genutzten Textilien ausgehen: Pantoffeln, Plüschtiere, Bettwäsche oder körpernah getragene Kleidung können den Milben Unterschlupf bieten. Allerdings überleben sie nur wenige Stunden außerhalb ihres Wirts.
Ist Krätze ein Zeichen mangelnder Hygiene?
Da Krätzmilben sich von Wasser und Seife nicht abhalten lassen, ist Skabies kein Zeichen mangelnder Hygiene. Denn die Parasiten überleben sogar ein Vollbad unbeschadet, da sie sich in ihren Gängen in der oberen Hautschicht aufhalten. Allerdings kommen sie häufiger dort vor, wo Menschen auf engem Raum zusammenleben: beispielsweise in Heimen, Pflegeeinrichtungen oder Kindergärten. Da hier mehrere Personen auf vergleichsweise kleinem Raum zusammen sind und – via Betreuung und Pflege – teils viel Hautkontakt haben, ist die Gefahr hier größer. Kinder werden als Übertragungsquelle oft unterschätzt. Doch sie erkranken nicht nur häufiger, sondern werden zudem vielfach unzureichend behandelt.
Warum kommt es vermehrt zu Krätze-Fällen?
Zwar erlebt die Krätze ein unrühmliches Comeback, ganz verschwunden war sie jedoch nie. Mehrere Faktoren in Summe tragen dazu bei, dass sie aktuell häufiger auftritt. Zum einen können Reisen in Gebiete mit hohem Krätze-Befall – beispielsweise tropische Gebiete – das Risiko steigern. Außerdem fällt Krätze oft erst spät auf: Viele Betroffene denken erst an ein Hautekzem und greifen auf Gutdünken zu Cremes und Salben, die den Milben jedoch nichts anhaben. Währenddessen stecken sie bereits andere Menschen an. Schamgefühle tragen dazu bei, dass Betroffene die Gefahr einer Ansteckung trotz Diagnosestellung nicht gegenüber Kontaktpersonen kommunizieren.
Die Zeiten ändern sich – passen sich auch Parasiten an? Unter Dermatologen ist derzeit umstritten, ob es bei Krätzmilben zu Resistenzen gegen bewährte Wirkstoffe kommt oder ob die Parasiten sich gar schneller als früher von Wirt zu Wirt bewegen. Allerdings gibt es hierfür keine Belege. Ebenso wenig lässt sich die lokal gesteigerte Anzahl von Krätze-Meldungen mit Migrationsbewegungen erklären. Denn Migranten aus Ländern mit einer höheren Skabies-Prävalenz stecken in der Regel nur wenige Einzelpersonen in ihrem direkten Umfeld an. Sexuelle Promiskuität, Ping-Pong-Effekte durch nicht ausreichend mitbehandelte Kontaktpersonen sowie spätes Erkennen und Behandeln von Krätze bei Kindern tragen zu einer steigenden Anzahl von Krätze-Fällen bei.
Tipps: So beugen Sie Krätze vor
Ist in einem Haushalt oder einer Einrichtung Krätze aufgetreten, können folgende Maßnahmen eine Verbreitung verhindern:
Beziehen Sie die Betten neu und waschen Sie die Bettwäsche bei 60 Grad
Waschen Sie sämtliche möglicherweise betroffene Kleidung bei mindestens 50 Grad oder wenden Sie ein Heißdampfgerät an
Milben überleben außerhalb des Wirts nicht lange, so dass Sie kontaminierte Kleidung/Gegenstände auch in einen Plastiksack legen und für 72 Stunden lagern können
Haben Erkrankte auf Polstermöbeln oder einem Teppich gelegen, sollten diese zur Sicherheit abgesaugt werden
Wenn Sie eine möglicherweise an Krätze erkrankte Person pflegen, verwenden Sie Einmalhandschuhe und tragen Kleidung mit langen Ärmeln
Bis die Behandlung erfolgreich abgeschlossen ist, sollten Personen mit Krätze auf längere Hautkontakte sowie Geschlechtsverkehr verzichten
Skabies ist bereits vor dem Auftreten erster Symptome ansteckend. Erkrankt eine Person, sind enge Kontaktpersonen vorsorglich mitzubehandeln
Vermeiden Sie bei Verdacht auf Krätze längeren Hautkontakt mit anderen – Hände schütteln oder eine kurze Umarmung sind kein Problem
Skabies-Therapie: So wird Krätze behandelt
Eine zeitnahe Krätze-Behandlung von Betroffenen und deren Kontaktpersonen ist wichtig, um die Milben möglichst schnell daran zu hindern, sich weiterzuverbreiten. Eine Behandlung sollte ausschließlich nach ärztlicher Verordnung stattfinden. Es stehen verschiedene Krätze-Medikamente für die äußere und orale Therapie zur Verfügung.
Äußerlich verwenden Betroffene Cremes, die auf den ganzen Körper aufzutragen sind. In erster Linie kommt dabei eine den Wirkstoff Permethrin enthaltende Creme zum Einsatz, die die Milben abtötet. Nach einer Einwirkzeit von bis zu zwölf Stunden wird sie abgewaschen. Ein oder zwei Wochen später ist die Behandlung zu wiederholen, um auch die Folge-Generation der Milben zu erreichen. Für den Erfolg der Behandlung ist es sehr wichtig, sich genau an die Anweisungen des Arztes zu halten. Das Mittel ist für die meisten Menschen gut verträglich. Auch Schwangere oder Stillende dürfen es anwenden.
Zu den möglichen Alternativen zählt eine Benzylbenzoat-Emulsion, die an zwei Tagen hintereinander aufgetragen wird, wobei auch hier nach ein oder zwei Wochen eine Wiederholung stattfindet. Eine Behandlung mittels Tabletten ist alternativ möglich. Dafür nehmen die Patienten zweimal wöchentlich eine Tablette mit dem Wirkstoff Ivermectin ein. Zwei Wochen nach Abschluss der Krätze-Therapie sollte ein Hautarzt deren Erfolg kontrollieren.
Zwar dauert die Skabies-Behandlung einige Wochen, in denen intensiver Hautkontakt zu vermeiden ist, doch reichen wenige Anwendungen aus. Diese sind jedoch – auch bei Kontaktpersonen – genau nach ärztlicher Anweisung durchzuführen, um einen Ping-Pong-Effekt zu vermeiden.