Einmal angesteckt, verbleibt das Herpesvirus lebenslänglich im Körper. Die meisten von uns tragen Herpes-Viren in sich – zum Glück unbemerkt. Aber auch die rund 20 bis 30 Prozent, bei denen Herpes immer wieder zum Vorschein kommt, können sich gut mit dem Virus arrangieren, wenn sie einige Vorsichtsmaßnahmen beachten. Während das Virus für erwachsene und gesunde Menschen vor allem lästig ist, bedürfen immungeschwächte Personen und Neugeborene besonderen Schutz. Wir informieren rund um die ansteckende Infektion.
Was ist Herpes?
Wenn wir von „Herpes“ sprechen, ist dabei meist eine durch Viren ausgelöste Infektionskrankheit gemeint: Lippenherpes (Herpes labialis). Ursache für Lippenherpes sind Herpes-simplex-Viren vom Typ 1 (HSV-1). Herpes-simplex-Viren vom Typ 2 (HSV-2) verursachen Genitalherpes. Beide Erreger lösen schmerzhafte Bläschen auf der Haut aus, die umgangssprachlich auch „Fieberbläschen“ oder „Fieberblasen“ heißen. Es gibt allerdings weitere Herpes-Erkrankungen.
Herpes-simplex-Viren gehören zu den „Humanen-Herpes-Viren“ (HHV), die beim Menschen Krankheiten auslösen. Ein ebenfalls „berühmtes“ Herpesvirus ist Herpes zoster, das zu Gürtelrosen führt. Wie seine Verwandten sorgt Herpes zoster für schmerzhafte, gerötete Bläschen auf der Hautoberfläche und kann jahrelang schlummern. Im Folgenden widmen wir uns allerdings den Herpes-simplex-Viren, also Lippenherpes und Genitalherpes.
Herpes als Infektionskrankheit
Ja, Herpes ist ansteckend – die meisten von uns tragen das Virus bereits in sich: Bei rund 90 Prozent der Menschen sind Antikörper gegen HSV-1 im Blut nachweisbar. Das bedeutet, sie haben bereits eine Infektion mit Herpesviren hinter sich. Die meisten Infektionen erfolgen vor dem sechsten Lebensjahr. Die gute Nachricht: Über zwei Drittel der Betroffenen haben keine Beschwerden – hierzu später mehr.
Wie wird Herpes übertragen?
Ansteckend ist Herpes im aktiven Zustand, also dann, wenn Herpes-Bläschen sichtbar sind. Die Ansteckung mit HSV-1 erfolgt als Tröpfchen- oder Schmierinfektion. Es reicht hierbei enger Körperkontakt oder Hautkontakt mit den infektiösen Bläschen. So können sich Kinder beim Spielen gegenseitig anstecken. Kuscheln oder ein Schmatzer auf die Backe reichen bereits für eine Übertragung aus. Wer hintereinander aus der gleichen Flasche trinkt oder sich ein Handtuch teilt, kann sich infizieren. Aber Herpesviren überleben an der Luft nur kurze Zeit. Für Neugeborene ist eine Infektion gefährlich – mehr dazu im Abschnitt „Herpes bei Ungeborenen und Neugeborenen“.
Infektionen mit HSV-2 sind seltener: Das Virus wird durch engen Schleimhautkontakt übertragen. Erwachsene stecken sich meist beim Geschlechtsverkehr an. Hierbei können die Viren ihr gewohntes Habitat verlassen, sprich: Genitalherpes kann sich bei Sexualpraktiken wie Oralverkehr auf die Lippen ausbreiten und umgekehrt. Das Risiko für eine Ansteckung mit HSV-2 steigt mit der Anzahl der Sexualkontakte. So haben beispielsweise über 75 Prozent der Prostituierten eine Infektion mit HSV-2 hinter sich, aber nur 10 bis 15 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Wie lange ist Herpes ansteckend?
Die meisten Betroffenen scheiden nur während einer akuten Infektion Viren aus, also dann, wenn sie Symptome haben. Am höchsten ist die Viruslast in der Flüssigkeit der Bläschen. Haben sich Krusten gebildet, ist Herpes weniger ansteckend. Es ist jedoch möglich, sich über die geringen Virenmengen aus sich lösenden Herpes-Krusten anzustecken – vor allem bei engem Körperkontakt.
Außerdem gibt es latente Herpes-Infektionen: Betroffene scheiden Viren aus, ohne Symptome zu haben. So können Menschen, die nie Beschwerden haben, andere mit Herpes anstecken.
Herpes-Verlauf: von der Erstinfektion zur Reaktivierung
Herpes kann unterschiedlich verlaufen. Wir unterscheiden zwischen Erstinfektion und Reaktivierung.
Inkubationszeit bei Herpes
Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und Auftreten der ersten Symptome, beträgt bei Herpes drei bis sieben Tage. In seltenen Fällen können die Symptome Wochen später beginnen.
Herpes-Erstinfektion bei Erwachsenen
Kommt es zu einer Herpes-Infektion, greift der Verteidigungsmechanismus unseres Immunsystems: Es bekämpft die Viren. Doch diese vermehren sich in den Epithelzellen der Hautoberfläche. Einige von ihnen gelangen von hier aus in Nervenzellen. Die meisten ziehen sich in die Nervenganglien, das sind Ansammlungen von Nervenzellkörpern, zurück. Hier findet das Immunsystem sie nicht.
Vor den charakteristischen Herpes-Symptomen kommt es bei einer Erstinfektion zu untypischeren Beschwerden wie Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit, manchmal Übelkeit. Bereits zu diesem Zeitpunkt kann sich ein Jucken oder Brennen an den Hautstellen bemerkbar machen, an denen wenige Tage später die Fieberblasen erscheinen.
Herpes-Erstinfektion bei Kindern und „Mundfäule“
Die Symptome bei einer Erstinfektion fallen bei Kindern in der Regel stärker aus. Es kommt bei ihnen oft zu hohem Fieber und Abgeschlagenheit. Allerdings können die klassischen Herpes-Bläschen fehlen. So wird die Herpes-Infektion im Kindesalter oft übersehen.
Kommt es nach einer Primärinfektion zu Herpesbläschen, kann es vor allem bei kleinen Kindern zu einer Ausbreitung der Bläschen über die gesamte Mundhöhle kommen. Die dabei entstehenden Bläschen (Aphten) treten vor allem im vorderen Mundbereich inklusive Zahnfleisch auf. Dieser Mundherpes ist sehr schmerzhaft, heilt aber in der Regel nach einer Woche ab. Bei einer Reaktivierung treten die Bläschen meist nur an den Lippen auf. Andere Bezeichnungen für Herpes im Mund sind Gingivostomatis und „Mundfäule“.
Reaktivierung von Herpes
Hat man sich mit Herpes angesteckt, kann das Virus lebenslang reaktiviert, also wieder im Körper aktiv werden. Bei 20 bis 30 Prozent der Infizierten kommt es unregelmäßig zu Reaktivierungen eines Lippen- oder Genitalherpes und damit einhergehend zu Beschwerden. Manche Betroffene leiden mehrmals pro Jahr unter einer Reaktivierung, andere selten – die Mehrzahl gar nicht mehr.
Immer dann, wenn das Immunsystem geschwächt ist, starten die Herpesviren kleine Attacken: Sie wandern zurück in die Epithelzellen auf der Haut und lösen hier Herpes-Symptome aus.
Herpes – die Symptome
Nach den bei der „Erstinfektion“ beschriebenen Vorzeichen wie Hautspannen und Kribbeln kommt es zu den typischen Beschwerden einer Herpes-Erkrankung: den Bläschen. Es handelt sich um mit infektiöser Flüssigkeit gefüllte Bläschen, die sich auf geröteter Haut bilden. Die schmerzenden Bläschen platzen nach einigen Tagen auf, es bilden sich Krusten. Auf diesen Krusten können sich neue Bläschen bilden.
Herpes: Risikogruppen und Komplikationen
Bei ansonsten gesunden Menschen, die lediglich Bläschen an den Lippen oder im Genitalbereich bekommen, ist Herpes zwar sehr lästig, aber keine große Bedrohung. Manchmal weitet die Erkrankung sich aus, es kommt zu Herpes an Nase oder Auge. In seltenen Fällen kommt es zu folgenden Herpes-Komplikationen:
Herpes im Auge
Gelangen Viren ins Auge, können sie hier eine Infektion auslösen. Es kann zu Herpes-simplex-Keratitis und Herpes-simplex-Retinitis kommen. Ein Befall der Hornhaut (Keratitis) ist in der Regel gut behandelbar. Ist jedoch die Netzhaut betroffen, droht im schlimmsten Fall eine Erblindung. Wer Verdacht auf Augenherpes hat, sollte sich darum schnellstmöglich zu einem Arzt begeben.
Generalisierter Herpes
Bei immungeschwächten Patienten – zum Beispiel nach einer Chemotherapie oder Organtransplantation – und bei Säuglingen kann es dazu kommen, dass die Herpes-Viren sich ungehindert in der Blutbahn vermehren. Dies kann zu einer Blutvergiftung führen, der Herpes-simplex-Sepsis.
Herpes-Enzephalitis
Ebenfalls selten, aber gefährlich, ist eine durch Herpes ausgelöste Hirnhautentzündung (Enzephalitis), die ins Gehirn gelangende Herpes-Viren auslösen können. Erste Symptome können Übelkeit und Erbrechen sein. Anschließend kann es zu eingeschränkten Hirnfunktionen kommen: Betroffenen ist schwindelig, sie sind verwirrt, möglich sind epileptische Anfälle. Eine Herpes-Enzephalitis führt unbehandelt in über zwei Drittel der Fälle zum Tod. Sie tritt vor allem bei immungeschwächten Betroffenen und Neugeborenen auf.
Herpes bei Ungeborenen und Neugeborenen
Viele werdende Mütter fragen sich: Kann eine Herpes-Infektion während der Schwangerschaft mein ungeborenes Kind gefährden? Während Herpes für die Mutter ungefährlich ist, kann es beim Ungeborenen oder Neugeborenen zu ernsthaften Schäden führen.
Dies kann der Fall sein, wenn die Mutter während der Schwangerschaft eine Erstinfektion erleidet und im Rahmen einer – sehr seltenen – Herpes-Sepsis der Mutterkuchen infiziert wird. Da im Erwachsenenalter bereits rund 90 Prozent aller Menschen mit dem Virus infiziert sind, ist das Risiko hierfür sehr gering.
Unter Herpes neonatorum verstehen wir eine gefährliche Herpes-Infektion von Neugeborenen während der Geburt. Fast immer handelt es sich dabei um HSV-2, was über die Schleimhaut der Vagina übertragen wird. Um das Kind zu schützen, wird bei aktiven HSV-2-Infektionen ein Kaiserschnitt empfohlen. Insbesondere bei Neugeborenen und Säuglingen kann eine Herpes-Infektion gefährliche Folgen haben: Die Viren verbreiten sich im gesamten Körper, es kann zu schweren Hirnschäden kommen.
Herpes – wann zum Arzt?
Wer erstmals Herpes-Symptome entdeckt, sollte einen Hautarzt beziehungsweise bei einem Kind einen Kinderarzt aufsuchen. Für Genitalherpes sind Gynäkologe, Androloge oder Urologe die richtigen Ansprechpartner. Sie können die Diagnose sichern und Tipps rund um die künftige Behandlung geben. Schwangere und chronisch Kranke sollten eine Herpesinfektion ebenfalls mit ihrem Arzt abklären. Ansonsten sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen, wenn sie sehr unter den Bläschen leiden oder wenn reaktivierter Herpes im Abstand von weniger als sechs Wochen erneut auftritt. Leiden Betroffene unter schweren Herpessymptomen, können antivirale Medikamente in Form von Tabletten oder Infusionen helfen.
Therapie: Herpes behandeln
Nach ersten Anzeichen ist ein Herpesschub nicht aufzuhalten. Trotzdem ist Eile geboten. Denn antivirale Salben senken das Risiko für die Vermehrung der Viren und damit für weitere Bläschen. Betroffene können zudem die Symptome lindern und die Heilung beschleunigen. Hierfür eignen sich spezielle Gele und Salben, die die Bläschen austrocknen. Sie enthalten zum Beispiel Zinksulfat oder andere desinfizierende Inhaltsstoffe. Meist reicht eine lokale Therapie. In seltenen Fällen kann es zu Resistenzen kommen – die Viren sprechen dann nicht mehr auf die Medikamente an.
Medikamente gegen Herpes
Betroffene lassen sich am besten bei der ersten Herpes-Diagnose vom Arzt oder in einer Apotheke rund um die passenden Mittel gegen Herpes beraten. In Apotheken erhältliche Mittel gegen Herpes sind zum Beispiel:
- Lippenherpescreme mit den Wirkstoffen Aciclovir, Penciclovir
- Hydrokolloidpflaster
- Wärmestifte
- Selen-Spray
- Zinksulfat/Zinkoxid.
Hausmittel gegen Herpes
Ob Zahnpasta oder Heilerde – es gibt viele Tipps rund um Hausmittel bei Herpes. Die meisten von ihnen unterstützen das schnelle Austrocknen der Fieberblasen. Belegt ist die Wirkung von Melissen-Extrakt. Einen warmen/kalten Schwarztee-Beutel aufzulegen, kann die Beschwerden ebenfalls lindern. Denn die enthaltenen Bitterstoffe bekämpfen Entzündungen und wirken antiviral. Auch Honig kann die Symptome einer Herpes-Infektion abmildern. Und was ist mit der berühmten Zahnpasta? Manche Betroffenen schwören auf Zahnpasta gegen Herpes. Viele Experten raten jedoch davon ab, weil Zahnpasta die Haut zusätzlich reizen kann.
Die Fieberblasen verschwinden innerhalb von ein bis zwei Wochen. Nach einer ersten Infektion kann es rund drei Wochen dauern, bis die Beschwerden abklingen.
Welche Lebensmittel sollte man bei Herpes meiden?
L-Arginin ist eine Aminosäure, die der Körper durch verschiedene Lebensmittel aufnimmt. Leider unterstützt L-Arginin die Vermehrung der Herpes-Viren. Argininreiche Lebensmittel wie Schokolade können darum den Ausbruch einer Herpes-Infektion triggern. Die Aminosäure Lysin hingegen hemmt die Vermehrung der Herpes-Viren – unter anderem, weil es die Aufnahme von Arginin im Darm mindert. Bei Herpes lautet die Empfehlung darum klar: wenig L-Arginin, viel Lysin.
Reich an L-Arginin – besser meiden:
- Schokolade
- Hühnerfleisch
- Thunfisch
- Nüsse
- Hafer
- Weizen
- Empfehlenswerte lysinhaltige Lebensmittel:
- Hülsenfrüchte
- Eier
- Rindfleisch
- Tofu
- Fisch (außer Thunfisch)
- Milchprodukte.
Tipp: Lysin ist auch als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich.
Wie kann man Herpes vorbeugen?
Hierbei hilft uns die Antwort auf die Frage: Was begünstigt den Ausbruch von Herpes? Lippenherpes blüht auf, wenn das Immunsystem Schwächen zeigt. So können Stress, andere Krankheiten oder Medikamente eine Reaktivierung begünstigen. Manche Menschen bekommen nie Symptome, obwohl sie die Viren in sich tragen. Warum das so ist, ist bis heute nicht geklärt.
Gibt es eine Impfung gegen Herpes? Nein – es gibt weder eine Impfung noch ein Heilmittel gegen Lippenherpes oder Genitalherpes. Ist man infiziert, kann es zu einer Reaktivierung kommen. Allerdings gibt es einiges, was Sie tun können, um Herpes vorzubeugen. Hierbei ist es wichtig, Trigger zu vermeiden, die zu einem Ausbruch von Herpes führen können. Diese Trigger sind allerdings nicht bei jedem gleich. Bei manchen Menschen kann sogar der Ekel vor bestimmten Situationen Herpes auslösen. Weitere mögliche Trigger sind:
- Sonneneinstrahlung
- Stress
- körperliche Belastung, auch bestimmte Sportarten
- bei Genitalherpes: enge Kleidung.
Eine gesunde Work-Life-Balance und eine ausgewogene Ernährung können Herpes-Ausbrüchen vorbeugen. Ansonsten gilt es natürlich, sich vor einer Ansteckung zu schützen und Hautkontakt zu Menschen mit aktivem Herpes zu vermeiden. Vor Genitalherpes schützen Kondome sowie der Verzicht auf Oralverkehr, wenn Bläschen an Mund oder Genital sichtbar sind. Achtung: Auch gemeinsam verwendete Sexspielzeuge sind ansteckend.