Tödliches Quartett: das metabolische Syndrom

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Tödliches Quartett: das metabolische Syndrom
Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt zählen zu den häufigsten Todesursachen in wohlhabenden Industrienationen. Verantwortlich ist in vielen Fällen eine Lebensweise, die zu dem führt, was Experten „metabolisches Syndrom“ nennen. Erfahren Sie hier mehr über Ursachen, Gefahren und Therapien.

Was ist das metabolische Syndrom?

„Metabolismus“ ist der Fachbegriff für den Stoffwechsel, ein „Syndrom“ steht für Krankheits-Symptome, die typischerweise zusammen auftreten. Das metabolische Syndrom fasst dabei mehrere Risikofaktoren zusammen, die den menschlichen Stoffwechsel betreffen: Bluthochdruck, Übergewicht, ungesunde Cholesterinwerte und Insulinresistenz. Zusammen bilden sie ein „tödliches Quartett“, das auch als „Reaven-Syndrom“ oder „Syndrom X“ bezeichnet wird.

Wie entsteht das metabolische Syndrom?

Ein typisches Wohlstandsproblem: Wenig bewegen, mehr als nötig essen – wer so lebt, riskiert das metabolische Syndrom – und dessen Folgen. Diese spielen sich auf vielen Ebenen ab, denn die Vorgänge im menschlichen Körper hängen eng miteinander zusammen. So hat vor allem Bauchfett einen ungünstigen Einfluss auf den Hormon- und Stoffwechsel: Zu viel davon macht beispielsweise die Körperzellen hinsichtlich Insulin träge. Die Folge: Der Blutzuckerspiegel steigt kontinuierlich beziehungsweise sinkt nicht ab. Das Zuviel an Insulin wiederum führt dazu, dass sich Wasser und Salz in den Nieren sammeln, was einen negativen Einfluss auf Blutdruck und Blutfettwerte haben kann. Im Abschnitt rund um die Gefahren des metabolischen Syndroms folgen weitere Beispiele rund um die komplexen Zusammenhänge innerhalb des Stoffwechsels.

Risikofaktoren – wer ist häufig betroffen?

Ganz klar: Wer sich wenig bewegt und viel, noch dazu ungesund, isst, hat ein hohes Risiko, von den Faktoren des metabolischen Syndroms betroffen zu sein. Zu viele Kalorien und daraus resultierendes Übergewicht bringen den Stoffwechsel aus der Balance und sind Haupt-Verursacher. Da hierzulande eine große Anzahl von Menschen unter Übergewicht leidet, sind entsprechend viele vom metabolischen Syndrom betroffen – Schätzungen gehen von rund 30 Prozent der Bevölkerung in den Industrienationen aus. Ab einem Alter von 60 Jahren kommt das metabolische Syndrom häufig vor und geht mit hohen Risiken für Folgeschäden einher.

Rund um überflüssige Pfunde gilt: Übergewicht ist nicht gleich Übergewicht, denn: Besonders oft betroffen sind Menschen, die vor allem am Bauch Speck ansetzen. Experten bezeichnen dies als „stammbetonte Fettleibigkeit“. Im Alltag reden wir eher vom Körperbautyp „Apfelform“. Entscheidend dabei ist, dass bei Menschen mit dieser Fettverteilung mehr schädliches viszerales Bauchfett vorliegt – Fett, das die inneren Organe umgibt. Wer also eher zu Hüftgold neigt und damit den „Birnentyp“ repräsentiert, hat ein etwas geringeres Risiko, unter den Folgen des metabolischen Syndroms zu leiden.

Auch Rauchen begünstigt die Entwicklung eines metabolischen Syndroms auf mehreren Ebenen.

Kinder und das metabolische Syndrom

Wer bereits als Kind zu viele Pfunde mit sich herumschleppt, hat als Erwachsener ein höheres Risiko für Übergewicht. Mehr noch: Bereits Kinder können unter dem metabolischen Syndrom leiden. Mittlerweile gibt es auf Alter, Größe und Gewicht angepasste Kriterien für Ärzte, um das metabolische Syndrom bei Kindern zu diagnostizieren. Unabhängig von diesem „Etikett“ ist es wichtig, Übergewicht bei Kindern so früh wie möglich entgegenzuwirken oder noch besser: Es gar nicht erst entstehen zu lassen.

Metabolisches Syndrom – warum ist es so gefährlich?

Nicht ohne Grund bezeichnen viele Experten das metabolische Syndrom als „tödliches Quartett“. Im Folgenden beschreiben wir mögliche Auswirkungen und die dahinterstehenden Mechanismen.

Gefäßerkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall

Bereits einer der zum metabolischen Syndrom gehörenden Faktoren erhöht das Risiko für potenziell tödliche Gefäßkrankheiten. Mit der Zeit kommt es zu dem, was wir umgangssprachlich „Arterienverkalkung“, also Arteriosklerose, nennen. Hierbei lagert sich das überschüssige Fett in den Arterien ab. Kommt es zu solchen Ablagerungen (Plaque), kann das Blut schlechter fließen. Mittelfristig schädigen die dann folgenden Durchblutungsstörungen Organe wie Gehirn und Niere. Zu den bekanntesten und gefürchtetsten Folgen des metabolischen Syndroms zählen Herzinfarkt und Schlaganfall.

Diabetes

Bauchfett wirkt sich negativ auf den Stoffwechsel, genauer gesagt, auf den Zucker- und Fettstoffwechsel, aus. Diese sind über das Hormon Insulin eng miteinander verbunden: Das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin transportiert den Zucker aus unserem Blut in die Zellen, die damit weiterarbeiten. Zu viel viszerales Fett führt allerdings dazu, dass die Zellen unempfindlicher gegenüber Insulin werden – dadurch steigt der Blutzuckerspiegel und die Bauchspeicheldrüse beginnt, mehr Insulin zu produzieren, um den Spiegel im Gleichgewicht zu halten. Diese Zusammenhänge bezeichnen Experten als Insulinresistenz und als Prädiabetes. In Folge kann sich ein Diabetes Typ 2, früher oft als „Altersdiabetes“ bezeichnet, manifestieren.

Bluthochdruck und seine Folgen

Bluthochdruck ist ein Risikofaktor, der nicht nur Herz-Kreislauferkrankungen begünstigt. Der zu hohe Druck kann außerdem langfristig zu Nierenschäden bis zum Nierenversagen und zu irreversiblen Netzhautschäden führen.

Eingeschränkte Fruchtbarkeit

Bauchfett wirkt sich nicht nur auf das Hormon Insulin aus, sondern kann auch auf andere Hormone, beispielsweise Geschlechtshormone wirken. Bei Frauen kann das metabolische Syndrom darum Fruchtbarkeitsstörungen wie das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCO-Syndrom) begünstigen und zudem das Risiko für Fehlgeburten erhöhen. Männer mit Risikofaktoren eines metabolischen Syndroms können zu erektiler Dysfunktion neigen.

Weitere Informationen zum Polyzystischen Ovarialsyndrom (PCO-Syndrom)

Erhöhtes Risiko für Demenz

Eine weitere Gefahr, die vom metabolischen Syndrom ausgeht, betrifft die geistigen Fähigkeiten: So hat eine Studie mit über 7.000 Teilnehmern gezeigt, dass Menschen über 65, die die Kriterien für das metabolische Syndrom erfüllten, innerhalb der folgenden vier Jahre im Vergleich zu Gesunden schlechtere kognitive Leistungen erbrachten. So beispielsweise im Bereich verbale Ausdrucksfähigkeit oder visuell-räumliche Merkfähigkeit.

Bei vielem rund um das metabolische Syndrom gilt: Die Zusammenhänge sind gesichert, aber die Wirkungsmechanismen nicht gänzlich geklärt. Schließlich sind die Stoffwechselprozesse in unserem Körper eng miteinander verknüpft. Aktuell forschen Wissenschaftler zum Beispiel an der Bedeutung von chronischen Entzündungsprozessen für Arteriosklerose und weitere Beschwerden. Auch diese Entzündungsprozesse haben ihre Ursache vor allem in einem zu hohen Anteil an Fettgewebe, das hormonell wirksame Stoffe, die Adipokine, ausschüttet.

Wann zu welchem Arzt?

Erster Ansprechpartner rund um das metabolische Syndrom ist der Hausarzt beziehungsweise ein Allgemeinmediziner. Je nach Konstitution und sonstigen Beschwerden wird der Hausarzt Patienten, die Risikofaktoren für Arteriosklerose und Folgeerkrankungen haben, an Fachärzte überweisen. Diese können das individuelle Risiko genauer bestimmen und bei Bedarf Therapien ableiten. Ansprechpartner für Folgeuntersuchungen können Kardiologe, Nephrologe oder Endokrinologe sein. Auch eine Ernährungsberatung, die in vielen Fällen von der Krankenkasse unterstützt wird, kann über den Hausarzt initiiert werden. Bei Verdacht auf das metabolische Syndrom bei Kindern ist der Kinderarzt aufzusuchen.

Metabolisches Syndrom: Diagnose

„Ein paar Kilo zu viel – habe ich das metabolische Syndrom?“ Ursprünglich waren vier Faktoren entscheidend für die Definition des metabolischen Syndroms, das darum auch den Namen „tödliches Quartett“ bekam: Übergewicht, ungesunde Cholesterinwerte, Insulinresistenz und Bluthochdruck. Heute gibt es verschiedene Variationen davon, doch der Kern bleib gleich. Wir orientieren uns an der Definition der NCEP-ATP-III, die von den meisten Ärzten als Richtwert verwendet wird. „Ungesunde Cholesterinwerte“ sind hierbei in zwei unterschiedliche Faktoren differenziert.

Liegen drei der folgenden Risikofaktoren vor, sprechen Experten von einem metabolischen Syndrom:

  • Blutdruckwerte von über 130/85 mmHg (Langzeitblutdruckmessung)
  • Übergewicht mit viel Bauchfett: Taillenumfang von Frauen über 88 cm, bei Männern über 102 cm (stammbetonte Adipositas)
  • Nüchtern-Blutzucker von über 115 mg/dl
  • Blutfette: Nüchtern-Triglyceride über 150 mg/dl
  • „Gutes“ Cholesterin HDL unter 40 mg/dl bei Männern bzw. unter 50 mg/dl bei Frauen.

Blutdruck und Taillenumfang messen können Sie selbst. Aber eine Blutabnahme ist sinnvoll, um die Risikofaktoren im Blick und damit eine realistische Einschätzung Ihres Ist-Zustands zu erhalten. Denn: Auch schlanke Menschen können durch ungesunde Ernährung und wenig Bewegung vom metabolischen Syndrom betroffen sein!

Therapie des metabolischen Syndroms

Die gute Nachricht gleich vorweg: Die meisten Betroffenen können durch Veränderungen in ihrem Lebensstil wieder vollkommen gesund werden. Basis hierfür ist eine Ernährungsumstellung, so dass Betroffene Gewicht verlieren. Unterstützend hilft ein Plus an Bewegung.

Übergewicht reduzieren

Der wichtigste Faktor bei der Therapie des metabolischen Syndroms ist meist die Gewichtsreduktion, sprich: Betroffene sollen mehr Kalorien verbrauchen als zu sich nehmen. Tausende von Diätratgebern zeigen, dass dies einfacher gesagt als getan ist. Es ist sinnvoll, keine Radikaldiät zu machen, die den Stoffwechsel zusätzlich durcheinanderbringt. Eine Beratung beim Hausarzt oder eine professionelle Ernährungsberatung können helfen, einen individuellen Weg zu finden. Anzustreben ist eine langfristige Ernährungsumstellung auf kalorienreduzierte Mischkost mit viel Gemüse und gesunden Fetten. Reduzieren Sie Zucker und Weißmehl. Wer viel Fastfood konsumiert, sollte umdenken – und selbst den Kochlöffel schwingen. Bringen Sie in jedem Fall neben der erforderlichen Disziplin auch viel Geduld mit.

Bewegung

Zusätzlich unterstützt regelmäßige Bewegung den Kampf gegen das metabolische Syndrom. Zwar macht Bewegung allein nur ungefähr 10 Prozent auf dem Weg zur Abnahme aus. Doch sie hilft das Gewicht zu halten und wirkt sich positiv auf den Blutzuckerspiegel aus. Achtung: Bevor Untrainierte zu Joggingschuhen greifen, sollten sie mit ihrem Arzt über geeignete Sportarten sprechen. Dies gilt vor allem bei Bluthochdruck und Vorschädigungen des Gefäßsystems. Ein guter Anfang ist, täglich mehr zu Fuß zu gehen – zum Beispiel motiviert durch einen Schrittzähler. Schwimmen und Nordic Walking sind Sportarten, die auch mit mehr Pfunden auf den Rippen gut auszuüben sind.

Medikamente

Ist der Stoffwechsel bereits aus der Bahn geworfen, können Medikamente nötig sein. Manchmal reicht es aus, diese über einen kurzen Zeitraum zu nehmen und parallel den Lebensstil zu verändern. Ein behandlungsbedürftiger Bluthochdruck sollte zeitnah mit Tabletten eingestellt werden. Medikamente mit dem Arzneistoff Metformin unterstützen bei der Abnahme und helfen gleichzeitig, den Blutzuckerspiegel in Balance zu bringen. Gut möglich, dass Betroffene nach einer Gewichtsreduktion wieder darauf verzichten können.

Weitere Tipps gegen das metabolische Syndrom

Wer Gewicht verlieren möchte, muss weniger Kalorien zu sich nehmen, als er verbraucht. Achten Sie darauf, dass die verbleibende Nahrung Sie sattmacht und mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt. Viele Wege führen zum Ziel – entscheidend ist, dass Sie den Weg finden, den Sie langfristig beschreiten können.

Tipps rund um eine gesunde Ernährung


Weitere Tipps für einen gesünderen Lebensstil

  • fünfmal die Woche mindestens 30 Minuten körperlich bewegen
  • nicht rauchen
  • wann immer möglich Bewegung in den Alltag einbauen: Treppe statt Aufzug, Fahrrad statt Auto
  • Alkohol nur zu seltenen Anlässen
  • Stress meiden oder ausgleichen (Hobbys, Meditation, Sport)
  • ausreichend schlafen
  • salzarm essen
  • regelmäßig Blutdruck kontrollieren
  • mit Hausarzt Check-ups vereinbaren.

Mit Geduld zu mehr Lebensqualität

Ein paar Kilos zu viel, leicht erhöhte Blutdruckwerte – Anzeichen auf das metabolische Syndrom werden immer noch von vielen Betroffenen unterschätzt. Doch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind für über ein Drittel aller Todesfälle verantwortlich – das metabolische Syndrom ist also eine reale Gefahr. Glücklicherweise liegt es in der Hand jedes Einzelnen, die Risikofaktoren unter Kontrolle zu bringen. Mit einem geänderten Lebensstil beugen Sie nicht nur Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes vor, sondern gewinnen mehr Bewegungsfreiheit und -freude. So erhöht der Kampf gegen das Wohlstandssyndrom meist nicht nur die Lebenserwartung, sondern auch die Lebensqualität.